Der Weg dahin sei auf jeden Fall bereitet, wie schnell er aber zu beschreiten ist, dies prognostizierte Haddadin nicht. Vielmehr ging es in seinen Ausführungen darum, ein grundsätzliches Verständnis dafür zu schaffen, dass intelligente Algorithmen mit dem Menschen interagieren können und so in Zukunft eine Lösung für die prothetische Versorgung sein könnten.
Haddadin machte zum Auftakt seiner Keynote „Vom maschinellen Lernen und Neuroscience zu intelligenten Prothesen“ klar, dass er sich keinesfalls nur mit der „gehypten“ Künstlichen Intelligenz auseinandersetzt. Als Beispiel brachte er die Episode von 2016, als sich ein Computer mit dem koreanischen Großmeister Lee Sedol duellierte und der Mensch keine Chance hatte gegen die Rechenleistung der Maschine. Dennoch, so Haddadin, sei ein Mensch nötig gewesen, um die Steine auf dem Spielfeld zu bewegen. Der Mensch also als Erfüllungsgehilfe der Maschine.
„Ein Roboter ist mehr als eine Datenakquisemaschine, die sequenziell etwas abarbeitet, sondern diese Systeme interagieren mit der realen Welt”, erklärte Haddadin. Die Hauptfunktionen der Robotik sind die Locomotion, Manipulation und die Interaktion.
„Doch wo ist die Verbindung zwischen Menschen und einer KI mit Körper“, fragte Haddadin. Eine KI mit Körper muss sich mit den gleichen physikalischen Gesetzen auseinandersetzen wie ein Mensch. Deswegen gibt es – ähnlich wie die Lern- und Lebensphasen eines Menschen – auch Lernphasen für die Maschine. Grundvoraussetzung ist das Bewusstsein eines Körperschemas. Wenn sich die Maschine, ähnlich einem Kind, bewusst ist, welche Fähigkeiten sie besitzt, dann kann sie auch diese Fähigkeiten ausprägen. Damit die Maschinen „menschlicher“ werden, sind weitere Fähigkeiten nötig. So müssen die Maschinen sehen und fühlen können und eine „Hand-Augen-Koordination“ entwickeln. Dafür muss sich die Maschine bewusst machen, dass das, was sie vor sich sieht, nicht zu ihr gehört, aber dennoch präsent ist. Eine weitere Erkenntnis: Roboter sind in der Vergangenheit eher als Positioniermaschinen genutzt worden – unabhängig vom Menschen. Damit der Mensch aber von dem robotischen Wissen profitieren kann, benötigt der Roboter einen Tastsinn. Das ist gelungen, so dass die Maschine nun ähnliche motorische Eigenschaften wie die eines Menschen erzeugen konnte.
Wie die intelligente Robotik ein Faktor für die Prothetik werden könnte und welche weiteren Thesen Prof. Haddadin aufstellt, können sich Interessierte in der Mediathek der OTWorld ab sofort anschauen.