Spi­OST: Hohe Erwar­tun­gen – gro­ße Ziele

Der anstehende Jahreswechsel bringt für die OST-Branche große Veränderungen mit sich: Während der Zentralverband Orthopädie-Schuhtechnik (ZVOS) Ende Dezember aufgelöst wird, steht der Nachfolger bereits in den Startlöchern. Künftig wird der Spitzenverband Orthopädie-Schuhtechnik (SpiOST) e. V., der sich am 15. November 2022 gegründet hat, die Interessen der Orthopädie-Schuhtechnik vertreten. Über die Ausrichtung und die Ziele der neuen Bundesvertretung hat die OT-Redaktion mit dem 1. Vorsitzenden Jens Schulte (Innung Hessen) sowie Vorstandsmitglied Bernd Rosin-Lampertius (Innungen Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Nord) gesprochen.

OT: Bis zur Auf­lö­sung des ZVOS und der Neu­grün­dung des neu­en Spit­zen­ver­ban­des war es von außen betrach­tet ein stei­ni­ger Weg. Wie haben Sie die Ent­wick­lung wahrgenommen?

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Jens Schul­te: Es war ein lan­ger Anlauf und zeit­wei­se anstren­gend, aber da es kei­ne wirk­li­chen Alter­na­ti­ven gab, war ich immer über­zeugt, wir bekom­men das hin.

Bernd Rosin-Lam­per­ti­us: Auch aus mei­ner inter­nen Sicht­wei­se war es ein stei­ni­ger und müh­se­li­ger Weg, zumal auch ein Schei­tern durch­aus im Rah­men des Mög­li­chen gewe­sen ist. Letzt­lich war aber allen Betei­lig­ten klar, dass ein Schei­tern fata­le Fol­gen gehabt hätte.

OT: Ist mit der Neu­grün­dung des Spit­zen­ver­ban­des die größ­te Hür­de bereits genom­men oder steht sie erst noch bevor?

Rosin-Lam­per­ti­us: Die Neu­grün­dung ist erst der Start­schuss und in dem fol­gen­den Dau­er- und Hin­der­nis­lauf sind nur die ers­ten Hin­der­nis­se zu erken­nen, wei­te­re wer­den mit Sicher­heit folgen.

Schul­te: Jetzt ste­hen die tages­po­li­ti­schen Her­aus­for­de­run­gen an.

OT: „Stirbt der Zen­tral­ver­band, stirbt das Hand­werk“, sag­te Wer­ner Die­rolf 2019 im Rah­men der Über­ga­be des Vor­sit­zes an Ste­phan Jeh­ring und mit Blick auf die mas­si­ven Unstim­mig­kei­ten inner­halb des ZVOS. Die­ses Sze­na­rio konn­ten Sie mit der Neu­grün­dung abwen­den. Die Erwar­tun­gen aber sind hoch. Wie gehen Sie mit die­ser Ver­ant­wor­tung um?

Rosin-Lam­per­ti­us: Ja, die­ses Worst-Case-Sze­na­rio einer ver­bands­po­li­ti­schen Zer­split­te­rung ist mit der Grün­dung des Spi­OST abge­wen­det. Ansons­ten kann ich hier natür­lich nur für mich spre­chen. Aber die mit der Vor­stands­ar­beit ver­bun­de­ne Ver­ant­wor­tung emp­fin­de ich nicht als Last. Ich habe kla­re Vor­stel­lun­gen, von denen ich über­zeugt bin und die ich umset­zen möchte.

Schul­te: Die Erwar­tun­gen sind hoch – zu Recht. Mir ist klar, dass man kri­tisch auf uns schaut, ins­be­son­de­re auf mei­ne Per­son. Aber wir wer­den unser Bes­tes geben und durch unse­re Leis­tung über­zeu­gen. Zumal wir von unse­rem Kon­zept über­zeugt sind, das auch von unse­ren Mit­gliedsin­nun­gen getra­gen wird. Dar­über hin­aus ist die Zusam­men­ar­beit im Vor­stand fan­tas­tisch. Ich hof­fe, dass wir die­sen Spi­rit lan­ge mit­neh­men können.

Kei­ne Lücke zulassen

OT: Ange­strebt wird ein naht­lo­ser Über­gang vom ZVOS zum Spi­OST: Wie genau soll der aussehen?

Schul­te: Indem wir hier kei­ne Lücke zulas­sen, son­dern umge­hend die Auf­ga­ben eines Bun­des­ver­ban­des über­neh­men. Die For­ma­li­en wer­den brau­chen, aber die Arbeit wird ange­packt und geleistet.

Rosin-Lam­per­ti­us: Da muss man defi­nie­ren, was man als naht­lo­sen Über­gang ver­steht. Einer­seits ist der Spi­OST nicht der Rechts­nach­fol­ger des ZVOS und ande­rer­seits wird es for­mal­recht­lich an der deut­schen Büro­kra­tie, näm­lich einer zeit­na­hen Ein­tra­gung ins Ver­eins­re­gis­ter, schei­tern. Unab­hän­gig davon wer­den wir jedoch durch unse­re Arbeit kein Vaku­um zulas­sen. Ande­rer­seits waren vie­le Betei­lig­te und Innun­gen auch Mit­glied im ZVOS, so dass wir nicht bei null anfan­gen und des­halb die Punk­te und Auf­ga­ben über­neh­men, die in der Natur einer beruf­li­chen Inter­es­sen­ver­tre­tung liegen.

OT: 105 Jah­re gab es den ZVOS. Wie viel Tra­di­ti­on des ZVOS wird im Spi­OST weiterleben?

Schul­te: Sowohl in unse­ren Mit­gliedsin­nun­gen als auch in unse­rem Vor­stand sind Per­sön­lich­kei­ten ver­tre­ten, die im und für den ZVOS enga­giert waren. Das wird auch im
Spi­OST weiterwirken.

OT: Nicht alle Lan­des- und regio­na­len Innun­gen gehö­ren dem Spi­OST an. Ver­tritt der Spit­zen­ver­band den­noch die Inter­es­sen der Mehr­heit der OST-Betriebe?

Schul­te: Auf jeden Fall. Wenn ich jetzt noch die Inter­es­sens­be­kun­dun­gen von Betrie­ben zum Maß­stab mache, die mit dem Gedan­ken einer Ein­zel­mit­glied­schaft spie­len, reprä­sen­tie­ren wir alle Bun­des­län­der in Ost und West.

Rosin-Lam­per­ti­us: Selbst­ver­ständ­lich, denn nicht nur, dass er die meis­ten Betrie­be ver­tritt, son­dern dar­über hin­aus ist er gleich­mä­ßig auf die alten und die neu­en Bun­des­län­der ver­teilt. Und damit sind noch nicht ein­mal die Mit­glied­s­an­fra­gen von Betrie­ben aus Innungs­be­rei­chen ange­spro­chen, die noch nicht Mit­glied im Spi­OST sind. Bei der Fra­ge­stel­lung wer­den wir aber mit gro­ßem Fin­ger­spit­zen­ge­fühl vorgehen.

OT: War­um zie­hen nicht alle Innun­gen mit?

Schul­te: Unser Kon­zept über­zeugt hier noch nicht. Ich sage bewusst „noch“ und hof­fe auch hier, dass sich das mit zuneh­men­den Erfol­gen ändern wird. Die Türen sind aber in bei­de Rich­tun­gen offen und wir wer­den sie nut­zen, zum Woh­le aller Betrie­be in Deutschland.

Rosin-Lam­per­ti­us: Hier gab es unter­schied­li­che inhalt­li­che Vor­stel­lun­gen und wir konn­ten mit unse­rem Kon­zept einer eher dezen­tra­len Struk­tur nicht über­zeu­gen. Das fin­de ich aber noch nicht pro­ble­ma­tisch, solan­ge man sich im Aus­tausch befin­det und uns die Chan­ce gege­ben wird zu über­zeu­gen, was im Augen­blick gege­ben ist.

Ver­ant­wor­tung auf vie­le Schul­tern verteilen

OT: „Das haben wir schon immer so gemacht“ ist mit Sicher­heit kein erfolgs­ver­spre­chen­des Leit­mo­tiv. Was wol­len Sie ändern, damit sich der Spit­zen­ver­band zu einer star­ken Ver­tre­tung der OST-Bran­che im Bund ent­wi­ckeln kann?

Schul­te: Errei­chen wol­len wir das durch unser dezen­tra­les Kon­zept, das die ein­zel­nen Innun­gen stär­ker ein­bin­det und damit einen geschlos­se­nen, fle­xi­blen und damit schlag­kräf­ti­gen Ver­bund gewähr­leis­tet. Das ist natür­lich mit mehr Ver­ant­wor­tung für die ein­zel­ne Mit­gliedsin­nung ver­bun­den, die sich dadurch aber auf vie­le Schul­tern verteilt.

OT: Gibt es den­noch Din­ge, an die Sie anknüp­fen möchten?

Rosin-Lam­per­ti­us: Ja, denn wir fan­gen ja nicht bei null an, son­dern wer­den suk­zes­si­ve die ver­bands­po­li­ti­schen Auf­ga­ben über­neh­men, die eine berufs­po­li­ti­sche Inter­es­sen­ver­tre­tung zu leis­ten hat. Und da war der ZVOS ja kei­nes­wegs untätig.

OT: Wel­che Zie­le haben Sie sich für die Zukunft gesteckt?

Schul­te: Wir möch­ten uns als eine ein­heit­li­che bun­des­wei­te Ver­tre­tung aller Betrie­be der Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik eta­blie­ren und haben dabei den Anspruch, in kür­zes­ter Zeit als kom­pe­ten­ter Bun­des­ver­band wahr­ge­nom­men zu werden.

Rosin-Lam­per­ti­us: Ziel ist ein schnel­ler Auf­bau einer schlag­kräf­ti­gen und fle­xi­blen Ver­bands­struk­tur, ver­bun­den mit einer deut­li­chen per­so­nel­len Verjüngung.

OT: Wel­che kon­kre­ten Pro­jek­te wol­len Sie prio­ri­siert angehen?

Schul­te: Bestehen­de Kon­tak­te nicht abrei­ßen las­sen und die­se mit dem Spi­OST zu verbinden.

Rosin-Lam­per­ti­us: Wir wol­len ein poli­ti­sches Netz­werk sys­te­ma­tisch nach außen auf­bau­en und die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­zes­se nach innen optimieren.

Pro­fil schärfen

OT: Was sind aktu­ell die größ­ten Her­aus­for­de­run­gen der OST-Bran­che? Wie wol­len Sie die­sen begegnen?

Rosin-Lam­per­ti­us: Die größ­ten Her­aus­for­de­run­gen dürf­ten nicht auf die OST begrenzt sein, näm­lich die zuneh­men­de Digi­ta­li­sie­rung, ver­bun­den mit neu­en Markt­teil­neh­mern sowie die Abhän­gig­keit von poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen in Ver­bin­dung mit zuneh­men­den Ver­tei­lungs­kon­flik­ten. In die­sem Kon­text muss die Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik jedoch ihr Pro­fil stär­ken. Das bedarf aber einer umfas­sen­den Stra­te­gie, die bis­her nur andis­ku­tiert wur­de und nun eine stra­te­gi­sche Haupt­auf­ga­be des neu­en Vor­stands sein dürfte.

OT: Wo sehen Sie den Spi­OST in fünf Jahren?

Schul­te: Weit vorn, als fle­xi­bler und schlag­kräf­ti­ger Ver­band. Ich wer­de dafür das mir Mög­li­che tun.

Rosin-Lam­per­ti­us: An der Spit­ze des Hin­der­nis- und Hürdenlaufs.

Die Fra­gen stell­te Pia Engelbrecht.

Auf­lö­sung des ZVOS erfolgt zum 31. Dezem­ber 2022
Ende Juni 2022 war der Beschluss ein­stim­mig von den Mit­glie­dern erfolgt. Nun steht der Ter­min offi­zi­ell fest: Der Zen­tral­ver­band Ortho­pä­die­schuh­tech­nik (ZVOS) wird zum 31. Dezem­ber 2022 auf­ge­löst. Die Vor­stands­mit­glie­der Ste­phan Jeh­ring, Tho­mas Ehr­le und Bir­git Funk-Klein­knecht wer­den ab dem 1. Janu­ar 2023 die Abwick­lung als Liquidator:innen durch­füh­ren. Die Gläubiger:innen kön­nen nun ihre Ansprü­che gel­tend machen und anmel­den. Mög­lich ist das vom 1. Janu­ar bis 30. Juni 2023 unter der Post­an­schrift: Zen­tral­ver­band Gesund­heits­hand­werk Ortho­pä­die­schuh­tech­nik, Rick­lin­ger Stadt­weg 92, 30459 Han­no­ver oder per E‑Mail an info@zvos.de. Vom 1. Juli bis 31. Dezem­ber 2023 müs­sen die Ansprü­che direkt bei Ste­phan Jeh­ring (Tal­str. 5, 08248 Klin­gen­thal) ange­mel­det werden. 
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