GKV kri­ti­siert Digi­ta­le Gesundheitsanwendungen

Seit dem 1. September 2020 dürfen Ärzt:innen Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) verordnen. Doch die Bilanz der „Apps auf Rezept“ ist für den GKV-Spitzenverband ernüchternd.

Hohe Kos­ten zum Start ohne einen Wirk­nach­weis, man­geln­de Akzep­tanz bei Ärzt:innen und Patient:innen sowie ins­ge­samt immer noch zu gerin­ge Ver­ord­nungs­zah­len sind laut GKV-Spit­zen­ver­band aus­schlag­ge­bend dafür, dass die DiGA nur lang­sam im Ver­sor­gungs­all­tag ankommen.

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Vor allem das Zulas­sungs­ver­fah­ren in das DiGA-Ver­zeich­nis durch das Bun­des­amt für Arz­nei­mit­tel und Medi­zin­pro­duk­te (BfArM) wird kri­ti­siert. Vie­le Anwen­dun­gen wer­den nur „auf Pro­be“ auf­ge­nom­men und müs­sen ihre Wirk­nach­wei­se inner­halb von bis zu zwei Jah­ren wis­sen­schaft­lich bele­gen. Den­noch dür­fen die Her­stel­ler im ers­ten Jahr den Preis für die Anwen­dung frei fest­le­gen und müs­sen nicht mit den Kran­ken­kas­sen ver­han­deln. Der durch­schnitt­li­che Her­stel­ler­preis bei Auf­nah­me für eine DiGA im ers­ten Jahr liegt laut GKV-Zah­len bei 593 Euro. Zum Ver­gleich: Bei der Ein­füh­rung der DiGA 2020 lag der Start­preis noch durch­schnitt­lich bei 407 Euro und im zwei­ten Jahr, wenn Ver­gü­tungs­be­trä­ge zwi­schen GKV-Spit­zen­ver­band und Her­stel­ler ver­han­delt wer­den müs­sen, sogar nur bei 221 Euro.

Doch vie­le Her­stel­ler schaf­fen es gar nicht, den Nut­zen­nach­weis zu erbrin­gen. Nur jede fünf­te Anwen­dung, die auf Pro­be ins DiGA-Ver­zeich­nis auf­ge­nom­men wird, schafft es auch, end­gül­tig auf­ge­nom­men zu werden.

„Die Bilanz zu den DiGA ist von Ernüch­te­rung geprägt. Auch im drit­ten Jahr nach ihrer Ein­füh­rung lösen die Gesund­heits-Apps nicht ihr Ver­spre­chen ein, die gesund­heit­li­che Ver­sor­gung grund­le­gend zu ver­bes­sern. Dabei könn­ten DiGA Bin­de­glied sein zwi­schen Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten, Ärz­te­schaft, zwi­schen Sek­to­ren und unter­schied­li­chen Fach­rich­tun­gen. Der Schlüs­sel für den Erfolg der DiGA ist ihr Nut­zen. Aber der unver­än­dert hohe Anteil von Anwen­dun­gen, die auf­grund ihres unkla­ren Nut­zens nur zur Pro­be gelis­tet sind, sorgt für Unsi­cher­heit und man­geln­de Akzep­tanz sowohl bei der ver­ord­nen­den Ärz­te­schaft als auch bei Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten. Hin­zu kom­men die wei­ter stei­gen­den Her­stel­ler­prei­se. Es kann zudem nicht sein, dass ein Unter­neh­men für eine DiGA im ers­ten Jahr der Ein­füh­rung 2.000 Euro und damit das Zehn­fa­che des Durch­schnitts der ver­han­del­ten Prei­se ab dem zwei­ten Jahr auf­ruft. Und dass, obwohl nicht ein­mal nach­ge­wie­sen ist, dass die Anwen­dung den Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten über­haupt etwas nutzt. Das Geld der Bei­trags­zah­len­den soll in eine bes­se­re Ver­sor­gung flie­ßen und kei­ne Wirt­schafts­för­de­rung finan­zie­ren“, zieht Ste­fa­nie Stoff-Ahnis, Vor­stands­mit­glied beim GKV-Spit­zen­ver­band, Bilanz.

Die Zah­len des drit­ten Berichts des GKV-Spit­zen­ver­ban­des über die Inan­spruch­nah­me und Ent­wick­lung der Ver­sor­gung mit Digi­ta­len Gesund­heits­an­wen­dun­gen bestä­ti­gen dies. Rund 374.000 DiGA wur­den in Anspruch genom­men. Die gesetz­li­che Kran­ken­ver­si­che­rung (GKV) hat dafür 113 Mil­lio­nen Euro bezahlt.

Neue Wege beschreiten

Der GKV-Spit­zen­ver­band for­dert, dass drei Anpas­sun­gen vor­ge­nom­men wer­den, um den DiGA mehr Schwung zu ver­lei­hen. Ers­tens sol­len nur DiGA ver­ord­net wer­den, deren Nut­zen bewie­sen ist. So soll nach Mei­nung des Spit­zen­ver­ban­des eine höhe­re Qua­li­tät des Ange­bots für Patient:innen erreicht wer­den. Zwei­tens soll die Mög­lich­keit weg­fal­len, dass die Her­stel­ler der Apps auf Rezept im Jahr der Ein­füh­rung die Prei­se selbst und ohne Vor­ga­ben gestal­ten kön­nen. Zulas­sungs­re­geln und Rah­men­be­din­gun­gen müss­ten laut GKV-Spit­zen­ver­band mit ande­ren Leis­tungs­be­rei­chen har­mo­ni­siert wer­den. Drit­tens muss die Inte­gra­ti­on in Ver­sor­gungs­pfa­de gelin­gen. Dafür soll das Digi­ta­li­sie­rungs­po­ten­zi­al bei der Behand­lung und der Ver­net­zung über Leis­tungs­sek­to­ren hin­weg genutzt werden.

BVMed befürch­tet Mehr­auf­wand für Hersteller

„Mit inzwi­schen 50 gelis­te­ten DiGA im BfArM-Ver­zeich­nis wer­den zahl­rei­che Indi­ka­tio­nen adres­siert. Die Zahl der ein­ge­lös­ten Codes ist kon­ti­nu­ier­lich gestie­gen. Die Aus­ga­ben von 67,5 Mil­lio­nen Euro im Zeit­raum eines Jah­res machen jedoch nicht mal ein Pro­mil­le der GKV-Gesamt­aus­ga­ben aus. Die Ein­bin­dung der DiGA in Ver­sor­gungs­struk­tu­ren läuft auf­grund der gesetz­li­chen Rege­lun­gen für DiGA wei­ter­hin schlep­pend“, fasst BVMed-Digi­tal­ex­per­tin Nata­lie Glad­kov zusam­men. Mehr Vor­ga­ben und Regu­lie­run­gen könn­ten dafür sor­gen, dass Her­stel­ler zukünf­tig von der Ent­wick­lung von Digi­ta­len Gesund­heits­an­wen­dun­gen abse­hen. „Die im Digi­tal­ge­setz vor­ge­schla­ge­nen Anpas­sun­gen füh­ren zu maß­geb­li­chen Ände­run­gen der DiGA selbst. Damit besteht für Her­stel­ler von DiGA eine immer grö­ßer wer­den­de Pla­nungs­un­si­cher­heit, auch durch die stei­gen­de Kom­ple­xi­tät der Gesetz­ge­bungs­in­hal­te, was am Ende zu Mehr­auf­wän­den bei den Her­stel­lern führt“, warnt Gladkov.

 

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