Euro­com schlägt bei Mit­glie­der­ver­samm­lung Alarm

Die Eurocom sieht die neue Legislaturperiode des Bundestages als Chance für einen grundlegenden Kurswechsel in der Hilfsmittelversorgung.

Bei ihrer Mit­glie­der­ver­samm­lung am 10. Juli 2025 in Ber­lin mach­te die Her­stel­ler­ver­ei­ni­gung deut­lich: Ohne leis­tungs­fä­hi­ge und büro­kra­tie­ar­me Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung las­sen sich zen­tra­le Zie­le der Gesund­heits­po­li­tik wie Ambu­lan­ti­sie­rung, Kos­ten­kon­trol­le und Ver­sor­gungs­si­cher­heit nicht erreichen.

„Hilfs­mit­tel und ihre Rah­men­be­din­gun­gen gehö­ren auf die poli­ti­sche Agen­da, denn wir ste­hen vor gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen ange­sichts von Kos­ten­druck und über­bor­den­der Büro­kra­tie. Begrei­fen wir es als Chan­ce, mit Lösungs­vor­schlä­gen ein finan­zier­ba­res und inno­va­ti­ons­of­fe­nes Gesund­heits­sys­tem mit­zu­ge­stal­ten“, beton­te Jür­gen Gold, Vor­sit­zen­der der Euro­com. „Gera­de weil die Kas­sen leer sind, kommt es dar­auf an, nicht in Töp­fen, son­dern sek­toren­über­grei­fend zu den­ken, um Kos­ten zu sen­ken. Unse­re Bot­schaft ist klar: Mit qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­gen Hilfs­mit­teln wer­den wir am Ende sparen.“

Büro­kra­tie als Standortbremse

Als größ­tes Risi­ko für den Stand­ort stuf­ten 93 Pro­zent der Mit­glie­der in einer Umfra­ge die Büro­kra­tie ein. Euro­com-Geschäfts­füh­re­rin Oda Hage­mei­er erklär­te: „Büro­kra­tie abzu­bau­en, indem wir Pro­zes­se ver­ein­fa­chen, ist uns daher ein zen­tra­les Anlie­gen. Ver­stärkt rückt dabei auch das The­ma Nach­hal­tig­keit in den Fokus, für des­sen Bear­bei­tung wir nun eine eige­ne Platt­form instal­liert haben.“

Kos­ten­dämp­fung ohne Qualitätseinbußen

Wie sich Qua­li­tät in der Ver­sor­gung trotz Kos­ten­drucks sichern lässt, war ein zen­tra­les The­ma der Ver­an­stal­tung. Andre­as Brand­horst, Refe­rats­lei­ter u. a. für die Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung im Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um, beton­te die Bedeu­tung der Fest­be­trä­ge als Kos­ten­re­gu­lie­rungs­in­stru­ment: „Mit dem Heil- und Hilfs­mit­tel­ver­sor­gungs­ge­setz war ein Per­spek­tiv­wech­sel hin zu einer stär­ke­ren Qua­li­täts­ori­en­tie­rung in der Sicht auf die Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung ver­bun­den. Daher hal­te ich die Wie­der­ein­füh­rung von Aus­schrei­bun­gen für nicht sehr wahr­schein­lich. Denn mit ihnen wer­den Qua­li­täts­de­fi­zi­te in Ver­bin­dung gebracht. Und auch die Annah­me, dass Aus­schrei­bun­gen zu deut­li­chen Kos­ten­ein­spa­run­gen füh­ren könn­ten, ist umstritten.“

Brand­horst zeig­te sich offen für ganz­heit­li­che Kon­zep­te zur Kos­ten­re­gu­lie­rung: „Die Aus­ein­an­der­set­zung mit sek­toren­über­grei­fen­den Ein­spar­po­ten­zia­len ist denk­bar. Dies geben die der­zei­ti­gen Erkennt­nis­se jedoch nicht her. Auf­schluss­reich könn­te die Ent­wick­lung eines Ver­sor­gungs­mo­dells sein, das ent­las­ten­de Aus­wir­kun­gen auf ande­re Berei­che auf­zeigt – Leis­tungs­be­rei­che als kom­mu­ni­zie­ren­de Röh­ren betrachtet.“

Digi­ta­li­sie­rung mit Augenmaß

Bei der Ver­samm­lung wur­de deut­lich: Die Last der Büro­kra­tie ist hoch – ob durch die Medi­zin­pro­duk­te­ver­ord­nung (MDR), unkla­re Auf­nah­me­kri­te­ri­en neu­ar­ti­ger Pro­duk­te ins Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis oder durch den enor­men Doku­men­ta­ti­ons­auf­wand im Ver­sor­gungs­pro­zess. Ent­las­tungs­po­ten­zi­al sieht Jür­gen Gold ins­be­son­de­re in digi­ta­li­sier­ten Pro­zes­sen: „Büro­kra­tie­ab­bau durch Digi­ta­li­sie­rung. Das ist ein wich­ti­ger Hebel. Dazu zählt auch die zügi­ge Umset­zung der E‑Verordnung von Hilfs­mit­teln, die die ärzt­li­che The­ra­pie­ho­heit und Wahl­frei­heit der Pati­en­ten wahrt und einen fai­ren Wett­be­werb gewähr­leis­tet.“ Auch Mar­kus Jochem, Pro­jekt­lei­ter eGe­sund­heit Deutsch­land bei der Tech­ni­ker Kran­ken­kas­se, sieht in der Digi­ta­li­sie­rung gro­ße Poten­zia­le: „Es gibt erheb­li­che Res­sour­cen, die wir heben kön­nen, indem wir eine voll­stän­dig papier­lo­se Hilfs­mit­tel­ver­ord­nung ermög­li­chen. Der digi­ta­le Pro­zess ohne Medi­en­brü­che ver­hin­dert Feh­ler. Davon pro­fi­tie­ren schluss­end­lich die Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten, die zügi­ger das Hilfs­mit­tel erhal­ten, das sie brau­chen. Wir wol­len Ver­ord­nung erleich­tern statt zu verwässern.“

Vor­stand im Amt bestätigt

Die Euro­com setzt per­so­nell auf Kon­ti­nui­tät: Jür­gen Gold (Geschäfts­füh­rer Juli­us Zorn GmbH) wur­de wäh­rend der Ver­samm­lung als Vor­sit­zen­der bestä­tigt, eben­so sei­ne Stell­ver­tre­ter Rai­ner Berthan (Vor­sit­zen­der des Vor­stan­des Bau­er­feind AG), Ste­fan Gei­sel­brech­tin­ger (CEO Oped GmbH) und Wal­ter Micha­el Leu­the (Geschäfts­füh­rer Spor­la­s­tic GmbH). Neu im Vor­stand ist Phil­ipp Schatz (Medi GmbH & Co. KG), der Dirk Trei­ber ablöst. Zudem wur­de die Ort­ho­ser­vice Deutsch­land GmbH als neu­es Mit­glied auf­ge­nom­men. Gold bedank­te sich für das Ver­trau­en der Mit­glie­der: „Ich freue mich auf drei wei­te­re span­nen­de Jah­re inten­si­ver Zusam­men­ar­beit, die durch das gekenn­zeich­net sind, was uns als Euro­com so stark macht: die Fähig­keit, an einem Strang zu ziehen.“

 

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