Seit einem neurologischen Eingriff lebt die 25-Jährige mit einer Hemiparese. Betroffen sind vor allem die linke Hand sowie das linke Bein. „Beim Gehen geht ihr Fuß in eine starke Inversion. Um das Bein durchschwingen zu können, muss sie ihn mit viel Kraft in die Dorsalextension bringen. Diese erhöhte Anstrengung führt wiederum dazu, dass der Tonus in der linken Hand ansteigt und eine Spastik auftritt“, berichtet Häfner. Die zuvor getragene Kunststofforthese war zu starr für die agile Frau und verursachte Druckstellen. Das schränkte sie sowohl im Alltag als auch in ihrem Beruf als Heilpädagogin stark ein.
Ziel war es nun, Stürzen vorzubeugen sowie in der Schwungphase eine ausreichende Dorsalextension und ein sicheres, energieeffizientes Gehen zu ermöglichen – auch, um die Spastik in der Hand zu verhindern. Zudem galt es, die leichte Beckenfehlstellung und den Spitzfuß auszugleichen. Gemeinsam mit der Patientin entschied sich Häfner für eine dynamische Carbonfederorthese. Der Vorteil: Diese hebt den Fuß einerseits an und lässt gleichzeitig viel Bewegungsspielraum zu. „Klassische Orthesen mit vorkomprimierten Federn erlauben nur etwa 5 bis 10 Grad Bewegung. Michelle hat aber viel mehr Kraft im Bein“, so der Orthopädietechniker.
Normalerweise hätte die 25-Jährige mit dem Hilfsmittel in spezielle Orthesenschuhe schlüpfen müssen. Das Angebot an modischen Modellen ist laut Häfner aber begrenzt. „Die Orthese selbst ist selten das Problem, sondern vielmehr die Schuhe. Die meisten Leute – und dazu gehört auch Michelle – wollen ihre normalen Sneaker anziehen können.“

Fester Sitz mit Klettverschluss
Die Idee: Wenn die Fersenkappe nicht hoch genug ist, um ein Herausrutschen zu verhindern, muss sie verlängert werden. Häfner kam zu dem Schluss, dass es nicht zwingend eine feste, verstärkte Kappe braucht, sondern dass ein kleiner Ankerpunkt über der Ferse ausreichen könnte, damit der Fuß nicht nach hinten wegrutscht und ein Spitzfußausgleich von 2,5 Zentimetern realisiert werden kann. Er fertigte ein kleines Neoprenpad, verankerte es an drei Punkten mit dem Schuh und platzierte es über der Fersenkappe. Nach rechts und links wird das Pad mithilfe von Klettverschlüssen fixiert. Dadurch ist der Schuh vorne durch die Schnürung gesichert und hinten zusätzlich durch die Klettverschlüsse. „Wenn die Patientin eine lange Hose trägt, ist die Konstruktion von außen kaum sichtbar.“ Die Kombination mit stützenden Einlagen samt Bettung macht die Versorgung letztlich komplett.
Seit der ersten Anprobe ist Michelle von der Konstruktion begeistert. Sie läuft doppelt so schnell wie mit ihrer vorherigen Orthese, muss sich in ihren Bewegungen nicht einschränken und hat selbst am Ende eines sehr aktiven Tages keine Druckstellen. Und: Sie trägt täglich ihre Lieblingsschuhe.
Pia Engelbrecht
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