Gesetz­ent­wurf will Hand­werk von der ePA ausschließen

Steht der elektronische Berufsausweis (eBA) für Hilfsmittelleistungserbringer vor dem Aus? Diese Konsequenz sieht ein am 6. August vom Bundeskabinett veröffentlichter Entwurf eines Gesetzes zur sogenannten Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege vor.

Zur Ein­ord­nung: Der eBA stellt sicher, dass allein befug­tes Fach­per­so­nal Zugriff auf sen­si­ble Pati­en­ten­da­ten hat. Dass nun aller­dings Gesund­heits­hand­wer­ke, also auch Sani­täts­häu­ser von der Aus­weis­ver­ga­be aus­ge­schlos­sen wer­den sol­len, hät­te für eben jene weit­rei­chen­de Folgen.

Anzei­ge

Soll­te der Gesetz­ge­ber beschlie­ßen, dass eine Anbin­dung an die Tele­ma­tik­in­fra­struk­tur (TI) auch ohne eBA mög­lich ist und statt­des­sen nur noch eine Insti­tu­ti­ons­kar­te (SMC‑B) benö­tigt wird, wür­de den Gesund­heits­hand­wer­ken in der Fol­ge der Zugang zur elek­tro­ni­schen Pati­en­ten­ak­te (ePA), der ohne­hin bereits frag­lich ist, mehr als abseh­bar ver­wehrt blei­ben. Für das Bünd­nis „Wir ver­sor­gen Deutsch­land“ eine nicht zu akzep­tie­ren­de Dyna­mik: „Dies wür­de nicht nur ein wich­ti­ges Instru­ment zur Qua­li­täts­si­che­rung abschaf­fen, son­dern den bis­he­ri­gen Aus­schluss von Sani­täts­häu­sern und Gesund­heits­hand­wer­ken aus der ePA fak­tisch zementieren.“

Gesund­heits­hand­wer­ke schla­gen Alarm

Auch die AG der Gesund­heits­hand­wer­ke im ZDH, zu der u. a. der BIV-OT gehört, schla­gen in einer gemein­sa­men Erklä­rung Alarm: „Der gera­de imple­men­tier­te Pro­zess zur Kar­ten­be­an­tra­gung und TI-Anbin­dung wur­de über zwei Jah­re hin­weg eta­bliert und ver­mit­telt. Eine kurz­fris­ti­ge Ände­rung wür­de mas­si­ve Unsi­cher­heit in den Betrie­ben erzeu­gen und birgt das Risi­ko eines nach­hal­ti­gen Ver­trau­ens- und Repu­ta­ti­ons­ver­lus­tes – sowohl in der Poli­tik als auch in der Hand­werks­or­ga­ni­sa­ti­on selbst.“ Bei allem guten Wil­len zum Büro­kra­tie­ab­bau darf letz­ten Endes eines nicht lei­den: die Ver­sor­gungs­qua­li­tät der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten. Es kann nicht sein, dass die Gesund­heits­hand­wer­ke sich selbst zu hohen Qua­li­täts­nach­wei­sen ver­pflich­ten und beken­nen, sie aber gleich­zei­tig durch ein feh­len­des Zugriffs­recht auf die ePA in der qua­li­ta­ti­ven Aus­übung ihres Berufs ein­ge­schränkt werden.

Das WvD-Bünd­nis warnt des­halb instän­dig vor einem Inkraft­tre­ten des Pfle­ge-Geset­zes in sei­ner vor­lie­gen­den Fas­sung und den dar­aus resul­tie­ren­den Kon­se­quen­zen für das Hand­werk: „Ohne Zugriff auf die ePA ist der Aus­tausch wich­ti­ger medi­zi­ni­scher Daten im künf­ti­gen digi­ta­len Gesund­heits­sys­tem nicht mehr mög­lich. Die jahr­zehn­te­lang erprob­te ana­lo­ge Zusam­men­ar­beit von Hilfs­mit­tel­leis­tungs­er­brin­gern, ärzt­li­chem und the­ra­peu­ti­schem Per­so­nal sowie Pfle­ge­kräf­ten wür­de im digi­ta­len Raum blockiert.“

Schweer for­dert Gleichberechtigung

Statt die Orthopädie-(Schuh)Technik voll­stän­dig in die elek­tro­ni­sche Pati­en­ten­ak­te ein­zu­bin­den, droht nun der dau­er­haf­te Aus­schluss. WvD-Gene­ral­se­kre­tär Hen­ning Schweer fühlt sich ungleich behan­delt: „Wer die Digi­ta­li­sie­rung im Gesund­heits­we­sen ernst meint, muss alle Ver­sor­gungs­ak­teu­re gleich­be­rech­tigt an die Tele­ma­tik­in­fra­struk­tur anbin­den und ihnen den Zugang zur ePA sichern. Nur so las­sen sich Effi­zi­enz­ge­win­ne erzie­len, Ver­sor­gungs­qua­li­tät sichern und eine ech­te sek­tor­über­grei­fen­de Pati­en­ten­ver­sor­gung erreichen.“

Ent­bü­ro­kra­ti­sie­rung auf wes­sen Kosten?

Dies soll­te auch im Inter­es­se von Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­rin Nina War­ken sein, die den Gesetz­ent­wurf wie folgt kom­men­tiert: „In einer altern­den Gesell­schaft müs­sen wir in der Pfle­ge für gute Arbeits­be­din­gun­gen sor­gen, um mehr Men­schen für den Beruf zu begeis­tern. Des­halb wol­len wir den Job­ein­stieg erleich­tern. Und wir wol­len Pfle­ge­kräf­te hal­ten, indem wir ihre Kom­pe­ten­zen bes­ser nut­zen. Moti­vie­ren sol­len sie zusätz­lich unse­re Plä­ne zum Büro­kra­tie­ab­bau. Jede Minu­te, die sich eine Pfle­ge­kraft nicht mit For­mu­la­ren beschäf­tigt, ist eine gewon­ne­ne Minu­te für ihre Pflegebedürftigen.“

Wenn wir in die­ser Aus­sa­ge die „Pfle­ge­kraft“ durch „OT- und Sani­täts­haus-Fach­kraft“ erset­zen, wür­de dies im Hand­werk sicher­lich auf brei­te Zustim­mung sto­ßen. Inso­fern: Wann kommt das Gesund­heits­hand­werk-Ent­bü­ro­kra­ti­sie­rungs­ge­setz und wer schaut noch­mal kri­tisch auf den aktu­el­len Ent­wurf in der Pfle­ge und des­sen Konsequenzen?

Micha­el Blatt

Auf den Punkt

▪ Gesund­heits­hand­wer­ken droht Aus beim eBA und der ePA
▪ Digi­ta­le inter­dis­zi­pli­nä­re Zusam­men­ar­beit ist gefährdet
▪ Ver­trau­en in das Hand­werk könn­te Scha­den nehmen 

 

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