Zur Einordnung: Der eBA stellt sicher, dass allein befugtes Fachpersonal Zugriff auf sensible Patientendaten hat. Dass nun allerdings Gesundheitshandwerke, also auch Sanitätshäuser von der Ausweisvergabe ausgeschlossen werden sollen, hätte für eben jene weitreichende Folgen.
Sollte der Gesetzgeber beschließen, dass eine Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) auch ohne eBA möglich ist und stattdessen nur noch eine Institutionskarte (SMC‑B) benötigt wird, würde den Gesundheitshandwerken in der Folge der Zugang zur elektronischen Patientenakte (ePA), der ohnehin bereits fraglich ist, mehr als absehbar verwehrt bleiben. Für das Bündnis „Wir versorgen Deutschland“ eine nicht zu akzeptierende Dynamik: „Dies würde nicht nur ein wichtiges Instrument zur Qualitätssicherung abschaffen, sondern den bisherigen Ausschluss von Sanitätshäusern und Gesundheitshandwerken aus der ePA faktisch zementieren.“
Gesundheitshandwerke schlagen Alarm
Auch die AG der Gesundheitshandwerke im ZDH, zu der u. a. der BIV-OT gehört, schlagen in einer gemeinsamen Erklärung Alarm: „Der gerade implementierte Prozess zur Kartenbeantragung und TI-Anbindung wurde über zwei Jahre hinweg etabliert und vermittelt. Eine kurzfristige Änderung würde massive Unsicherheit in den Betrieben erzeugen und birgt das Risiko eines nachhaltigen Vertrauens- und Reputationsverlustes – sowohl in der Politik als auch in der Handwerksorganisation selbst.“ Bei allem guten Willen zum Bürokratieabbau darf letzten Endes eines nicht leiden: die Versorgungsqualität der Patientinnen und Patienten. Es kann nicht sein, dass die Gesundheitshandwerke sich selbst zu hohen Qualitätsnachweisen verpflichten und bekennen, sie aber gleichzeitig durch ein fehlendes Zugriffsrecht auf die ePA in der qualitativen Ausübung ihres Berufs eingeschränkt werden.
Das WvD-Bündnis warnt deshalb inständig vor einem Inkrafttreten des Pflege-Gesetzes in seiner vorliegenden Fassung und den daraus resultierenden Konsequenzen für das Handwerk: „Ohne Zugriff auf die ePA ist der Austausch wichtiger medizinischer Daten im künftigen digitalen Gesundheitssystem nicht mehr möglich. Die jahrzehntelang erprobte analoge Zusammenarbeit von Hilfsmittelleistungserbringern, ärztlichem und therapeutischem Personal sowie Pflegekräften würde im digitalen Raum blockiert.“
Schweer fordert Gleichberechtigung
Statt die Orthopädie-(Schuh)Technik vollständig in die elektronische Patientenakte einzubinden, droht nun der dauerhafte Ausschluss. WvD-Generalsekretär Henning Schweer fühlt sich ungleich behandelt: „Wer die Digitalisierung im Gesundheitswesen ernst meint, muss alle Versorgungsakteure gleichberechtigt an die Telematikinfrastruktur anbinden und ihnen den Zugang zur ePA sichern. Nur so lassen sich Effizienzgewinne erzielen, Versorgungsqualität sichern und eine echte sektorübergreifende Patientenversorgung erreichen.“
Entbürokratisierung auf wessen Kosten?
Dies sollte auch im Interesse von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken sein, die den Gesetzentwurf wie folgt kommentiert: „In einer alternden Gesellschaft müssen wir in der Pflege für gute Arbeitsbedingungen sorgen, um mehr Menschen für den Beruf zu begeistern. Deshalb wollen wir den Jobeinstieg erleichtern. Und wir wollen Pflegekräfte halten, indem wir ihre Kompetenzen besser nutzen. Motivieren sollen sie zusätzlich unsere Pläne zum Bürokratieabbau. Jede Minute, die sich eine Pflegekraft nicht mit Formularen beschäftigt, ist eine gewonnene Minute für ihre Pflegebedürftigen.“
Wenn wir in dieser Aussage die „Pflegekraft“ durch „OT- und Sanitätshaus-Fachkraft“ ersetzen, würde dies im Handwerk sicherlich auf breite Zustimmung stoßen. Insofern: Wann kommt das Gesundheitshandwerk-Entbürokratisierungsgesetz und wer schaut nochmal kritisch auf den aktuellen Entwurf in der Pflege und dessen Konsequenzen?
Michael Blatt
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