Am 17. Juli wurde eine vorläufige Insolvenzverwaltung vom Amtsgericht Augsburg angeordnet. Nun steht fest: Orbisana wird künftig eigene Wege gehen und hat dafür die Verbindungen zu Weltbild und der Konzernmutter WB D2C Group gelöst. Für die OT beleuchtet Geschäftsführer Jörg Riemann die Hintergründe und erläutert, wie die Pläne für die Zukunft des Unternehmens aussehen.
OT: „Vorläufige Insolvenzverwaltung“ – was genau ist darunter zu verstehen?
Jörg Riemann: Bei Orbisana haben aus Gruppenzugehörigkeit resultierende Verbindlichkeiten maßgeblich zur Beantragung des Insolvenzverfahrens beigetragen. Rechtsanwalt Christian Plail, vorläufiger Insolvenzverwalter aus der Kanzlei SGP Schneider Geiwitz & Partner, hat die Aufgabe übernommen, das vorhandene Vermögen der Orbisana zu sichern, um das unbestritten vorhandene Wachstumspotenzial des Unternehmens gemeinsam mit der Geschäftsführung nach dem Abschluss der Insolvenz zu einem profitablen und zukunftsfähigen Unternehmen weiterzuentwickeln. Wie groß das Wachstumspotenzial von Orbisana ist, zeigt sich daran, dass der Juli dieses Jahres sowohl im Versorgungs- als auch im Eigenmarkengeschäft einer der stärksten Monate im Jahresverlauf war. Durch die Fortsetzung des Betriebs, insbesondere die Weiterbeschäftigung der Mitarbeitenden und die Betreuung der Kund:innen, kann der Wert des Unternehmens am besten erhalten werden. An dieser Stelle ist mit einem weit verbreiteten Irrglauben aufzuräumen: Dass die Geschäftsführung mit der Bestellung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung ihre Mitbestimmung verliert, ist falsch. Richtig ist hingegen: Die Geschäftsführung bleibt weiter im Amt. Rechtsanwältin Petra Heidenfelder wurde vom vorläufigen Insolvenzverwalter Christian Plail bevollmächtigt, sämtliche unternehmerischen Entscheidungen gemeinsam mit mir als Teil der Geschäftsleitung zu treffen.
OT: Inwiefern wirkt sich die Insolvenz der Weltbild GmbH & Co. KG konkret auf das Alltagsgeschäft von Orbisana aus?
Riemann: Um das vorhandene Vermögen der Gesellschaft zu sichern und somit eine finanziell stabile Basis für die Zukunft von Orbisana zu schaffen, sind Eingriffe in operative Prozesse eines Unternehmens notwendig. So wurde das Bestellwesen bei Orbisana auf die neue Situation angepasst. So können Beauftragungen von Dienstleistern und Lieferanten nur dann durchgeführt werden, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter dem zustimmt. Durch diesen neuen Prozess kam es bei Orbisana zu Beginn der vorläufigen Insolvenz zu Verzögerungen, zumal einige Lieferanten mit Bekanntwerden der vorläufigen Insolvenz auf Vorkasse umgestellt haben. Eine Reaktion, die in solchen Szenarien durchaus üblich ist. Orbisana arbeitet intensiv daran, dass die Versorgung wieder reibungslos läuft.
OT: Durch die Loslösung von Weltbild gehen wichtige E‑Commerce-Prozesse, wie etwa Logistik und IT, in die Hände von Orbisana über. Wie wird der Übergangsprozess gestaltet?
Riemann: Der Übergangsprozess ist so gestaltet, dass Verzögerungen auf ein Mindestmaß reduziert und Ausfälle so weit als möglich vermieden werden. Das gilt sowohl für die Logistik als auch die IT. Wir gehen davon aus, dass der Datentransfer von Weltbild zu Orbisana Ende August abgeschlossen sein wird (Redaktionsschluss 21.08.). Darüber hinaus hat Orbisana seinen gesamten Lagerbestand für den E‑Commerce-Vertrieb vollständig von Weltbild übernommen. Dieser Bestand wird in ein externes Logistikzentrum überführt, von dem aus wir künftig sowohl die Auslieferung von Online-Bestellungen als auch die Lagerhaltung abwickeln werden. Bis spätestens 15. September will Orbisana wieder in der gewohnten Geschwindigkeit im E‑Commerce-Geschäft in der neuen Logistikstruktur lieferfähig sein.
OT: Zu Orbisana gehören 16 Sanitätshäuser in Deutschland. Welche Auswirkungen haben die aktuellen Entwicklungen
auf die Betriebe?
Riemann: Alle 16 Sanitätshäuser laufen planmäßig weiter. Durch sie schafft Orbisana deutschlandweit Anlaufpunkte für Kundinnen und Kunden, die nicht nur online bestellen wollen, sondern auch das persönliche Gespräch mit den Berater:innen vor Ort schätzen. Aktuell laufen in den Häusern mehrfach Zertifizierungsaudits zur Sicherung unserer Qualitätsprozesse.
OT: Wie reagieren Ihre Kund:innen und Partner:innen auf die aktuelle Situation?
Riemann: Der Juli dieses Jahres war sowohl im Versorgungs- als auch im Eigenmarkengeschäft einer der stärksten Monate im Jahresverlauf. Wir können also mit gutem Gewissen sagen: Unsere Kunden haben nach wie vor volles Vertrauen in die Marke Orbisana, in unsere Produkte und unsere Services.
OT: In Ihrer Pressemeldung wird von einem „vielversprechenden Investorenprozess“ gesprochen. Welche Vision haben Sie für die zukünftige Zusammenarbeit? Und gibt es schon einen konkreten Interessenten?
Riemann: Wir möchten dem Investorenprozess nicht vorgreifen und werden uns daher nicht dazu äußern, welche Investoren konkret Interesse an einem Engagement bei Orbisana haben. Was ich aber an dieser Stelle verraten kann, ist, dass der angestoßene Investorenprozess auf reges Interesse stößt und vielversprechend verläuft. Sowohl strategische als auch Finanzinvestoren interessieren sich für ein langfristiges Engagement bei Orbisana. Ziel ist es, Orbisana als Ganzes zu erhalten und erfolgreich in die Zukunft zu führen.
OT: Jeder Neustart birgt Potenzial für Veränderung. Wird sich Orbisana künftig neu ausrichten?
Riemann: Sobald ein oder mehrere neue Investoren gefunden sind, werden wir gemeinsam die Ausrichtung der Orbisana Healthcare GmbH weiterentwickeln. Wir sehen uns nach wie vor als Vollversorger und Systemanbieter im ersten und zweiten Gesundheitsmarkt. Diese Positionierung soll neben unseren hohen Qualitätsstandards als Pfeiler der neuen Ausrichtung erhalten bleiben.
Die Fragen stellte Pia Engelbrecht.
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