10-Punk­te-Plan für ein digi­ta­les Gesundheitswesen

Seit einigen Jahren hat die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens spürbar an Fahrt aufgenommen – sei es durch politische Maßnahmen, wie Digitalgesetze, Einführung von elektronischer Patientenakte und dem E-Rezept, oder aus der Versorgung heraus.

Der Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess vom ana­lo­gen zum digi­ta­len Gesund­heits­we­sen ist also in vol­lem Gan­ge und bedeu­tet, dass vie­le Grup­pen ihre Inter­es­sen und Exper­ti­se ein­brin­gen. Aus dem Bereich der Medi­zin gab es jüngst die Ver­öf­fent­li­chung eines 10-Punk­te-Plans, der an die Poli­tik gerich­tet ist und die erfolg­rei­che Trans­for­ma­ti­on des Gesund­heits­we­sens zum Ziel hat. For­mu­liert wur­de die­ser Plan beim 2. Digi­tal Health Sum­mit, der in Bran­den­burg an der Havel unter Feder­füh­rung des Uni­ver­si­täts­kli­ni­kums Bran­den­burg (UKB) aus­ge­rich­tet wur­de. 100 for­schen­de Ärzt:innen aus 20 deut­schen Uni­ver­si­täts­kli­ni­ken nah­men an der zwei­tä­gi­gen Ver­an­stal­tung teil. Im the­ma­ti­schen Mit­tel­punkt der inter­dis­zi­pli­nä­ren Kon­sen­sus-Kon­fe­ren­zen stan­den die vier Berei­che Künst­li­che Intel­li­genz, Tele­me­di­zin, Augmented/Virtual/Mixed Rea­li­ty und Gesund­heits-Apps. Unter der Schirm­herr­schaft von Bran­den­burgs Gesund­heits­mi­nis­te­rin Ursu­la Non­ne­ma­cher stell­ten Wissenschaftler:innen und For­schen­de ihre Ergeb­nis­se und Visio­nen zur digi­ta­len Gesund­heit vor. „Wir freu­en uns, dass Bran­den­burg auch in Sachen Digi­ta­li­sie­rung Vor­rei­ter ist und Chan­cen zur Nut­zung des digi­ta­len Daten­schat­zes auf­zei­gen kann, von dem auch ande­re Bun­des­län­der pro­fi­tie­ren kön­nen. Die Zukunft der medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung wird durch die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on mit Hil­fe von Künst­li­cher Intel­li­genz ent­schei­dend beein­flusst. Bereits heu­te sind KI-gestütz­te Sys­te­me in der Lage, rie­si­ge Men­gen an medi­zi­ni­schen Daten zu ana­ly­sie­ren. Dies führt nicht nur zu schnel­le­ren Dia­gno­sen, son­dern auch zu einer früh­zei­ti­gen Erken­nung von Krank­hei­ten. In Kali­for­ni­en gibt es bereits das ers­te Zen­trum für Künst­li­che-Intel­li­genz-basier­te Medi­zin, wie­so sol­len wir etwas Ver­gleich­ba­res nicht auch in Bran­den­burg auf­bau­en“, so Non­ne­ma­cher. Prof. Hen­drik Borg­mann, Kli­nik­di­rek­tor für Uro­lo­gie am UKB, der gemein­sam mit dem Geschäfts­füh­ren­den Ober­arzt Dr. Juli­an Struck die wis­sen­schaft­li­che Lei­tung die­ses Gip­fel­tref­fens zur digi­ta­len Gesund­heit inne hat­te, erklär­te: „In der Digi­ta­li­sie­rung des deut­schen Gesund­heits­we­sens steckt ein enor­mes Poten­zi­al. Allein in finan­zi­el­ler Hin­sicht las­sen sich hier laut einer aktu­el­len McK­in­sey-Stu­die 42 Mil­li­ar­den Euro pro Jahr ein­spa­ren, die wir dann bes­ser an ande­rer Stel­le zum Woh­le der Patient:innen inves­tie­ren kön­nen. Nur so kön­nen wir mit Blick auf den gege­be­nen Fach­kräf­te­man­gel und den demo­gra­fi­schen Wan­del die bes­te Behand­lung für die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger in Deutsch­land  errei­chen.“ Aus die­sen Grün­den wur­de der 10-Punk­te-Plan zur digi­ta­len Gesund­heit for­mu­liert und an die Poli­tik übergeben.

Anzei­ge

1. Eta­blie­rung kla­rer Ver­ant­wort­lich­kei­ten: Es besteht die medi­zi­ni­sche Not­wen­dig­keit, dass die Ver­ant­wor­tung für Dia­gnos­tik, Dia­gno­se­stel­lung und The­ra­pie, auch bei der Ver­wen­dung KI-gestütz­ter Sys­te­me, zu jeder Zeit den behan­deln­den Ärz­ten unterliegt.

2. För­de­rung inter­dis­zi­pli­nä­rer Zusam­men­ar­beit: Digi­ta­le Gesund­heits­lö­sun­gen soll­ten von Grund auf in inter­dis­zi­pli­nä­rer und kol­la­bo­ra­ti­ver Zusam­men­ar­beit kon­zi­piert und ent­wi­ckelt wer­den. Dazu gehö­ren unter ande­rem medi­zi­ni­sche Leis­tungs­er­brin­ger, Medi­zin­tech­nik und Phar­ma­in­dus­trie, digi­ta­le Medi­en­prä­senz, Pati­en­ten­ver­tre­ter sowie Exper­ten aus den Berei­chen Ethik und Recht.

3. Aus­bau von Bil­dungs- und Wei­ter­bil­dungs­pro­gram­men: Die struk­tu­rier­te Aus- und Wei­ter­bil­dung zur Kom­pe­tenz­stei­ge­rung von medi­zi­ni­schem Per­so­nal im Umgang mit digi­ta­len Gesund­heits­lö­sun­gen soll­te geför­dert wer­den, um deren Akzep­tanz und Ein­satz zu erhöhen.

4. Finan­zie­rung und Ver­gü­tung digi­ta­ler Gesund­heits­lö­sun­gen: Evi­denz­ba­sier­te digi­ta­le Gesund­heits­lö­sun­gen (aus den Berei­chen KI, Tele­me­di­zin, Exten­ded Rea­li­ties, Gesund­heits-Apps) müs­sen finan­ziert wer­den und kla­re Abrech­nungs­zif­fern (EBM, GOÄ, etc.) erhalten.

5. Inte­gra­ti­on von Gesund­heits-Apps zur umfas­sen­den Gesund­heits­för­de­rung: Gesund­heits-Apps soll­ten nicht nur zur The­ra­pie von Krank­hei­ten bzw. deren Sym­pto­men, son­dern auch zur Prä­ven­ti­on, Früh­erken­nung und all­ge­mein zur För­de­rung von gesund­heits­för­dern­dem Ver­hal­ten ein­ge­setzt werden.

6. För­der­pro­gram­me und Aus­schrei­bun­gen zur Unter­stüt­zung digi­ta­ler Gesund­heits­lö­sun­gen: Zur Eta­blie­rung von digi­ta­len Gesund­heits­lö­sun­gen bedarf es klar defi­nier­ter För­der­pro­gram­me und Aus­schrei­bun­gen zur Ent­wick­lung, Inte­gra­ti­on und Eva­lua­ti­on im Rah­men kli­ni­scher Stu­di­en und prä­kli­ni­scher Forschung.

7. Anwen­dung tele­me­di­zi­ni­scher Kon­zep­te zur Ver­mei­dung von Man­gel­ver­sor­gung: Vor dem Hin­ter­grund einer dro­hen­den Man­gel­ver­sor­gung im deut­schen Gesund­heits­we­sen ist es zwin­gend not­wen­dig, syn­chro­ne und asyn­chro­ne tele­me­di­zi­ni­sche Kon­zep­te anzu­wen­den, die bis­he­ri­ge Behand­lungs­prin­zi­pi­en ergän­zen und weiterentwickeln.

8. Bewäl­ti­gung recht­li­cher und struk­tu­rel­ler Her­aus­for­de­run­gen: Für die natio­na­le kli­ni­sche Anwen­dung von KI-basier­ten Assis­tenz­sys­te­men stel­len die recht­li­chen Ver­wal­tungs­struk­tu­ren des Föde­ra­lis­mus eine kom­ple­xe poli­ti­sche-struk­tu­rel­le Her­aus­for­de­rung dar. Dies betrifft ins­be­son­de­re die Umset­zung von Daten­schutz­vor­ga­ben, Infor­ma­ti­ons­si­cher­heit sowie die noch sehr hete­ro­ge­nen Digitalisierungsstandards.

9. Schaf­fung struk­tu­rel­ler Vor­aus­set­zun­gen für die kli­ni­sche Anwen­dung von KI: Trotz rasan­ter wis­sen­schaft­li­cher Wei­ter­ent­wick­lung von KI-Model­len und der Erwei­te­rung der Anwen­dungs­ge­bie­te feh­len in Deutsch­land und euro­pa­weit der­zeit wesent­li­che struk­tu­rel­le Vor­aus­set­zun­gen, um die kli­ni­sche Anwen­dung zu ermög­li­chen (tech­ni­sche, orga­ni­sa­to­ri­sche, wirt­schaft­li­che und regu­la­to­ri­sche Vor­aus­set­zun­gen sowie Akzep­tanz- und Ausbildungsbarrieren).

10. Zukunfts­po­ten­zi­al von KI-Sys­te­men in der The­ra­pie­op­ti­mie­rung: KI-Sys­te­me könn­ten zukünf­tig per­so­na­li­sier­te und prä­zi­se The­ra­pie­emp­feh­lun­gen lie­fern, die die Behand­lungs­er­geb­nis­se erheb­lich ver­bes­sern könnten.

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