Patient:innen müs­sen ­Geneh­mi­gun­gen einholen

Die deutsche Bürokratie ist nicht nur für die nationalen Betriebe immer wieder eine besondere Herausforderung, auch für Besucher:innen aus dem Ausland gibt es unerwartete Hürden.

So müs­sen bei­spiels­wei­se Patient:innen aus dem Aus­land, die in Deutsch­land eine Ver­sor­gung brau­chen, im Ein­zel­fall selbst eine Geneh­mi­gung bei der deut­schen Kran­ken­kas­se, die stellver­tretend für die Kran­ken­ver­sor­gung in dem Hei­mat­land die Kos­ten über­nimmt, ein­ho­len. Hat das Aus­wir­kun­gen auf den Ver­sor­gungs- und Ver­gü­tungs­pro­zess bei den deut­schen OT-Betrie­ben? Die OT-Redak­ti­on hat bei ­Cars­ten Strang­mann, Lei­ter des Refe­rats „Wirt­schaft & Ver­trä­ge“ im Bun­des­in­nungs­ver­band für Ortho­pä­die-Tech­nik (BIV-OT), nachgefragt.

OT: Der Juli ist nicht nur in Deutsch­land ein belieb­ter ­Rei­se­mo­nat, son­dern auch bei den euro­päi­schen Nach­barn. Dür­fen Betrie­be Patient:innen aus dem Aus­land, die mit einer ärzt­li­chen Ver­ord­nung im Sani­täts­haus auf­tauchen, grund­sätz­lich versorgen?

Cars­ten Strang­mann: Unse­re obers­te Prio­ri­tät liegt stets dar­in, eine hoch­wer­ti­ge und bedarfs­ge­rech­te Ver­sor­gung sicher­zu­stel­len, unab­hän­gig von der Her­kunft der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten. Sonst hät­ten wir den fal­schen Beruf ergrif­fen. Liegt eine ärzt­li­che Ver­ord­nung nach Mus­ter 16 – das klas­si­sche „Rosa Rezept“ – vor, kön­nen Betrie­be Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten aus dem Aus­land grund­sätz­lich ver­sor­gen und im Rah­men unse­rer ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen mit den Kos­ten­trä­gern abrechnen.

OT: Wie kom­men Patient:innen an eine Ver­ord­nung von Ärzt:innen in Deutschland?

Strang­mann: Die Ver­ord­nung kann jeder Arzt in Deutsch­land für den Pati­en­ten aus­stel­len und erfolgt in der Regel im Rah­men einer ärzt­li­chen Unter­su­chung oder bei Bedarf nach einer ent­spre­chen­den Dia­gno­se­stel­lung. Bei der ­Aus­stel­lung wird ein ent­spre­chen­der Ver­merk auf der Ver­ord­nung erstellt, um die benö­tig­te Ver­sor­gung klar zu kenn­zeich­nen. Es ist wich­tig, dass die Ver­ord­nung die not­wen­di­gen Anga­ben für die Ver­sor­gung ent­hält und kor­rekt aus­ge­füllt ist, um einen rei­bungs­lo­sen Ablauf bei der Abrech­nung und Ver­sor­gung sicherzustellen.

OT: Wer über­nimmt die Ver­gü­tung die­ser Leistung?

Strang­mann: Die Ver­gü­tung die­ser Leis­tun­gen wird durch die auf der Ver­ord­nung bezeich­ne­te Kran­ken­kas­se durch­ge­führt. In der Regel über­neh­men die Kran­ken­kas­sen die Kos­ten für die Ver­sor­gung gemäß den jewei­li­gen gesetz­lichen Vor­ga­ben und den indi­vi­du­el­len Ver­trags­be­din­gun­gen. Es ist jedoch zwin­gend not­wen­dig, sich im Vor­feld mit der Kran­ken­kas­se in Ver­bin­dung zu set­zen, um sicher­zu­stel­len, dass die Kos­ten­über­nah­me für die gewünsch­te Leis­tung geklärt ist.

OT: Gel­ten die mit der deut­schen Kran­ken­kas­se ver­han­del­ten Prei­se für die Leistung?

Strang­mann: Das kann ich bestä­ti­gen. Wenn ein Pati­ent aus dem euro­päi­schen Aus­land Leis­tun­gen in Anspruch nimmt, gel­ten die jewei­li­gen Rah­men­be­din­gun­gen und Prei­se, die mit der deut­schen Kran­ken­kas­se ver­han­delt und ver­trag­lich abge­schlos­sen wur­den. Unse­re Ver­ein­ba­run­gen und Ver­trä­ge mit den Kran­ken­kas­sen sind dar­auf aus­ge­legt, eine fai­re und trans­pa­ren­te Ver­gü­tung für die Leis­tun­gen sicherzustellen.

OT: Gibt es Stol­per­fal­len, die beach­tet wer­den müssen?

Strang­mann: Eine poten­zi­el­le Stol­per­fal­le liegt dar­in, dass auf der Ver­ord­nung die Geneh­mi­gungs­pflicht durch die Kran­ken­kas­se vom Arzt ange­ord­net sein kann. In einem sol­chen Fall muss der Pati­ent zunächst eine grund­sätz­li­che Geneh­mi­gung durch den Kos­ten­trä­ger ein­ho­len. Es ist jedoch wich­tig zu beto­nen, dass die­se Kos­ten­zu­sa­ge nicht die Not­wen­dig­keit einer Bean­tra­gung durch den Leis­tungs­er­brin­ger für die Ver­sor­gung umfasst, soll­te die­se auf­grund des bestehen­den Ver­tra­ges not­wen­dig sein. Es ist daher rat­sam, im Vor­feld die indi­vi­du­el­len Ver­trags­be­din­gun­gen und mög­li­che Geneh­mi­gungs­er­for­der­nis­se mit der Kran­ken­kas­se abzu­stim­men. So wird eine rei­bungs­lo­se Abwick­lung sichergestellt.

OT: Wie vie­le Kran­ken­kas­sen gibt es, die der­zeit Abset­zun­gen durchführen?

Strang­mann: Aktu­ell hat nach unse­ren Infor­ma­tio­nen nur ein Kos­ten­trä­ger ver­se­hent­lich die Abrech­nungs­stel­le falsch infor­miert, was zu Abset­zun­gen führ­te. Dabei wur­de für ver­trag­lich geneh­mi­gungs­freie Leis­tun­gen in der ­Direkt­ab­rech­nung ein Abzug unter Hin­weis auf eine angeb­lich not­wen­di­ge Geneh­mi­gung vor­ge­nom­men. Wir haben die Abrech­nungs­stel­le bereits dar­über infor­miert, und es besteht die Mög­lich­keit, die Abset­zun­gen erneut ein­zu­rei­chen oder Ein­spruch gegen die Abset­zung einzu­legen. Es ist wich­tig, sol­che Unstim­mig­kei­ten zeit­nah zu klä­ren, um eine kor­rek­te Abrech­nung sicherzustellen.

OT: Sind die Betrie­be nun in der Pflicht, sich um die ­Geneh­mi­gung zu küm­mern, damit sie für ihre Leis­tung die ­Ver­gü­tung bekommen?

Strang­mann: Eine vor­he­ri­ge Geneh­mi­gung ist wie bis­her für alle Leis­tun­gen not­wen­dig, sofern nicht ver­trag­lich auf die Geneh­mi­gung durch die Kran­ken­kas­se ver­zich­tet wird. Die genau­en Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren kön­nen je nach Leis­tung und Ver­trags­be­din­gun­gen vari­ie­ren, daher ist es rat­sam, sich im Vor­feld mit den ent­spre­chen­den Kran­ken­kas­sen abzu­stim­men und gege­be­nen­falls not­wen­di­ge Geneh­mi­gun­gen einzuholen.

OT: Wie kann ich den Patient:innen kon­kret ­hel­fen, die ins ­Sani­täts­haus kom­men, aber selbst eine vor­herige Geneh­mi­gung bei der deut­schen Kran­ken­kas­se ein­ho­len müssen?

Strang­mann: Wir emp­feh­len, dass die Pati­en­ten in die­sen Fäl­len den direk­ten tele­fo­ni­schen Kon­takt mit dem Kos­ten­trä­ger auf­neh­men und kon­kret nach­fra­gen. Dabei kön­nen sie ihre Situa­ti­on schil­dern und gege­be­nen­falls um Unter­stüt­zung bei der Ein­ho­lung der vor­he­ri­gen Geneh­mi­gung bit­ten. Als Ver­sor­ger kön­nen wir im bes­ten Fall bera­tend bei die­sem Gespräch zur Sei­te ste­hen, um womög­lich bei Detail­fra­gen direk­te Rück­mel­dung zu geben. Eine offe­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Pati­ent, Sani­täts­haus und Kran­ken­kas­se ist ent­schei­dend, um sicher­zu­stel­len, dass die Betrof­fe­nen die best­mög­li­che Ver­sor­gung erhalten.

Die Fra­gen stell­te Hei­ko Cordes.

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