Aus­tausch auf Augenhöhe

Vier Tage lang stellten Rehakind, die Vereinigung für Kinderorthopädie (VKO), die Gesellschaft für Neuropädiatrie (GNP) und die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) Anfang Februar die Belange von Menschen mit Cerebralparese in den Mittelpunkt des Focus-CP-Rehakind-Kongresses.

Ein vier­zü­gi­ges Pro­gramm bot Betrof­fe­nen und ihren Ange­hö­ri­gen sowie Vertreter:innen aus Medi­zin, Phy­sio­the­ra­pie, Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik und Ortho­pä­die-Tech­nik viel Input zu aktu­el­len Ver­sor­gungs­fra­gen, For­schungs­in­hal­ten sowie prak­ti­sche Tipps für den All­tag. Das Spek­trum reich­te dabei von hoch­kom­ple­xen und fach­li­chen Vor­trä­gen zu Spe­zi­al­ge­bie­ten der Medi­zin bis zu einer Qua­si-Rechts­be­ra­tung durch Anwalt Jörg Hack­stein, Rehakind-Vorsitzender.

„Nur eine star­ke Stim­me wird gehört. Daher liegt die Beto­nung des Kon­gres­ses auf gemein­sam“, sag­te Reha­kind-Geschäfts­füh­re­rin Chris­tia­na Hen­ne­mann, die die Kongressbesucher:innen am Don­ners­tag­mor­gen im Rah­men der offi­zi­el­len Eröff­nungs­fei­er begrüß­te, bevor sie zu den Impuls­bei­trä­gen des Schirm­herrn, des Key­note-Spea­k­ers und des Kon­gress­prä­si­di­ums überleitete.

„Die eigent­li­chen Prä­si­den­ten sind die Kin­der, die wir ver­sor­gen und deren Eltern“, begrüß­te Dr. med. Maria del Pilar Andri­no Gar­cia, Kon­gress­prä­si­di­um, das Ehe­paar Kiel aus Müns­ter auf dem roten Sofa, das ihre All­tags­pro­ble­me und Teil­ha­be­be­schrän­kun­gen als Fami­lie mit einem behin­der­ten Kind schil­der­te – mit har­ten Wor­ten: „Fami­lie Kiel spricht aus, was Fami­li­en erle­ben“, beton­te Dr. Andri­no. „Das sind All­tags­rea­li­tä­ten, die wir Ärz­te uns nicht vor­stel­len kön­nen. „Wir erle­ben, wie leer die Wort­hül­se Inklu­si­on ist. Wir wol­len nicht immer nur hören, was nicht geht, wir wür­den ger­ne mal hören, was geht“, kri­ti­sier­ten die Kiels.

Fest­red­ner Heri­bert Prantl, deut­scher Autor, Jour­na­list und Jurist, führ­te in sei­ner Key­note aus, dass Demo­kra­tie Inklu­si­on brau­che. „Inklu­si­on ist Schick­sals­kor­rek­tur“, unter­strich der Kolum­nist der Süd­deut­schen Zei­tung und Kom­men­ta­tor und Essay­ist von Sueddeutsche.de. Hil­fe­be­dürf­tig­keit gehö­re zum Menschsein.

Glei­cher­ma­ßen viel Bei­fall ern­te­te Schirm­herr Jür­gen Dusel. Der Beauf­trag­te der Bun­des­re­gie­rung für die Belan­ge von Men­schen mit Behin­de­run­gen führ­te in sei­nem Vor­trag drei Punk­te sei­ner Arbeits­agen­da aus. Gro­ße Beach­tung fand allen vor­an sei­ne For­de­rung, künf­tig der Exper­ti­se der Sozi­al­päd­ia­tri­schen Zen­tren (SPZ) zu ver­trau­en und durch weni­ger Prü­fun­gen von Hilfs­mit­tel­ver­ord­nun­gen durch den Medi­zi­ni­schen Dienst wert­vol­le Res­sour­cen aller Betei­lig­ter ein­zu­spa­ren. Das über­ge­ord­ne­te Ziel des Bun­des­be­auf­trag­ten: Bar­rie­re­frei­heit soll als Qua­li­täts­stan­dard für ein moder­nes Land gelten.

Wie viel Qua­li­tät in der Ver­sor­gung von Kin­dern mit CP steckt, das zeig­ten die zahl­rei­chen hoch­ka­rä­ti­gen Vor­trä­ge und auch die anschlie­ßen­den Dis­kus­sio­nen. Gera­de in den klei­ne­ren Semi­nar­räu­men kam zwi­schen den ver­schie­de­nen Akteur:innen immer wie­der ein infor­ma­ti­ver Dia­log zustan­de. Aber auch in den grö­ße­ren Räu­men konn­te dank Mikro­fon und Laut­spre­cher jede und jeder ihre bzw. sei­ne Fra­ge stel­len. Vor allem der inter­pro­fes­sio­nel­le Aus­tausch war ein Plus. So mel­de­te sich ein Phy­sio­the­ra­peut bei­spiels­wei­se nach dem Vor­trag von Ortho­pä­die­tech­nik-Meis­ter Ger­hard Bie­ber, Advi­va, zu Wort, der sei­ner Freu­de Aus­druck ver­lieh, end­lich ein­mal von mus­kel­ak­ti­vie­ren­den Orthe­sen gehört zu haben. „Dar­auf kommt es an“, bilan­zier­te Dr. Andri­no anschließend.

Neben dem umfang­rei­chen Kon­gress­pro­gramm bot sich den Besucher:innen auch eine Indus­trie­schau, bei der sich sowohl Ver­sor­ger als auch Betrof­fe­ne zu den Neue­run­gen aus der Bran­che infor­mie­ren konn­ten und so einen Ein­blick in die Gegen­wart und Zukunft der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung von Kin­dern mit Cere­bral­pa­re­se erlangten.

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