Orthopädieschuhmacher spielen eine zentrale Rolle in der Versorgung von Menschen mit einem Diabetischen Fußsyndrom (DFS), denn diese Patienten haben ein besonders hohes Risiko für Wunden, Infektionen und Amputationen. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) hat deshalb eine neue Fortbildung initiiert, um Orthopädieschuhmacher für die speziellen Bedürfnisse zu schulen. „Die Versorgung von Menschen mit Verlust von Warnsymptomen infolge dieser sogenannten Polyneuropathie ist komplex und erfordert nicht nur handwerkliches Können, sondern auch ein besonderes Verständnis für die Krankheitsdynamik und den Umgang mit den Betroffenen“, erklärt Dr. Michael Eckhard, Vorsitzender der AG Fuß der DDG. Betroffene nehmen schließlich Druckstellen oder Verletzungen oft nicht oder nicht rechtzeitig wahr, was zu schwerwiegenden Folgen wie chronischen Wunden und letztlich sogar Amputationen führen kann.
Ein weiteres Ziel besteht auch darin, es den Betroffenen einfacher zu machen, Expertinnen und Experten für das DFS zu finden. Denn die Absolventen der Fortbildung erhalten ein Zertifikat und dürfen sich „Orthopädieschuhmacher/in DDG“ nennen. „Viele Betroffene wissen gar nicht, worauf sie achten müssen, wenn sie sich orthopädische Einlagen oder Schuhe anfertigen lassen. Und auch Ärztinnen, Ärzte und Kostenträger brauchen eine klare Orientierung, um qualifizierte Versorger zu identifizieren“, erklärt Professor Dr. Dirk Müller-Wieland, Vorsitzender des Ausschusses „Qualitätssicherung, Schulung & Weiterbildung“ (QSW). Das neue Zertifikat soll eine verlässliche Qualitätskennzeichnung für alle Beteiligten bieten.
Gute Hilfsmittelversorgung steigert Lebensqualität und Lebenserwartung
Dass eine fachgerechte Schuhversorgung entscheidend ist, belegen auch Zahlen: „Studien zeigen, dass 34 bis 50 Prozent derjenigen, die einmal eine Fußwunde hatten, innerhalb von 3 Jahren eine erneute sogenannte Fußläsion entwickeln – nach 10 Jahren sind es fast 70 Prozent“, sagt Leo Lelgemann, Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Diabetischer Fuß der DDG und einer der „Architekten“ des nun vorliegenden Fortbildungskurses. Auch die Sterblichkeit ist alarmierend hoch: „Nach einer Majoramputation – also einer Entfernung des Fußes oder Beines auf Höhe von Unterschenkel, Knie oder Oberschenkel – liegt die 5‑Jahres-Mortalität bei über 50 Prozent. Das zeigt, wie dringend wir qualifizierte Versorger brauchen, die frühzeitig helfen können, um Lebensqualität und Lebenserwartung zu steigern.“
Neue Standards für die Ausbildung
Bisher ist die DFS-spezifische Versorgung kein fester Bestandteil der Orthopädieschuhmacher-Ausbildung. „In der Meisterschule habe ich nach einem Curriculum von 1998 gelernt – seitdem hat sich aber enorm viel getan“, berichtet Lelgemann. „Die bisherigen Ausbildungsinhalte zum DFS sind oft zu vage. Es heißt, ein DFS-Schuh müsse weit genug und gut gepolstert sein – aber was heißt das konkret? Genau hier setzt unsere neue DDG-Fortbildung an und liefert mehr Detailinformationen.“ Neben aktuellen medizinischen Erkenntnissen und handwerklichem Know-how vermittelt die Fortbildung auch, wie man Patientinnen und Patienten mit DFS besser erreicht. „Viele Betroffene verstehen die Tragweite ihrer Erkrankung nicht oder sind unsicher im Umgang mit orthopädischen Hilfsmitteln. Eine erfolgreiche Versorgung bedeutet daher immer auch gute Kommunikation“, betont Lelgemann.
Interdisziplinärer Austausch soll gefördert werden
Nicht nur Orthopädieschuhmacher sind an dem Versorgungsprozess beteiligt, sondern auch andere Berufsgruppen tragen zum Erfolg bei der Behandlung des DFS bei. Deshalb sei es wichtig, so die DDG, dass die spezialisierten Orthopädieschuhmacher-Betriebe sich mit den weiteren Berufsgruppen vernetzen. „Die Versorgung des Diabetischen Fußsyndroms ist eine Teamaufgabe“, sagt Angelika Deml, Diabetesberaterin DDG, Wundassistentin DDG und Podologin DDG aus Regensburg. „Mit der neuen Fortbildung wollen wir nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch den Austausch unter Expertinnen und Experten fördern und Betroffenen eine lückenlose Versorgungskette von Diagnostik über Therapie bis hin zur adäquaten Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln zur Verfügung stellen“, erklärt DDG-Präsident Prof. Dr. Andreas Fritsche.
Eine Anmeldung ist auf der Website der Deutschen Diabetes Gesellschaft ab sofort möglich.
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