Mitte Juli gab es die entsprechende Zustimmung zu dem Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG). Ziel soll es sein, dass die Digitalagentur künftig mehr die Entwicklung der Digitalisierung des Gesundheitswesens und in der Pflege steuert. Das bedeutet mehr Verantwortung für die Gesamtprozesse bei der Entwicklung der Digitalprodukte. Der Prozess von der Erstellung der Spezifikation über die Ausschreibung von Entwicklung bzw. Betrieb der Komponenten, Dienste und Anwendungen bis hin zur Verpflichtung der Anbieter und Hersteller, Maßnahmen zur Störungsbeseitigung zu entwickeln, wird eine Kernaufgabe sein.
Das bei der Digitalagentur angesiedelte Kompetenzzentrum für Interoperabilität im Gesundheitswesen (KIG) erhält weitere Aufgaben, um sicherzustellen, dass Anwendungen interoperabel sind und die Anwendungen die Versorgung spürbar verbessern. Zudem erhält die Digitalagentur mehr Kompetenzen zur Störungsbeseitigung und wird mit weiteren hoheitlichen Aufgaben ausgestattet.
Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach erklärt: „Die Aufholjagd in der Digitalisierung geht weiter. Digitalisierung ist die Zukunft guter Medizin. Die neue Digitalagentur soll ermöglichen, dass durch ihre Durchgriffs- und Aufsichtsrechte, digitale Infrastruktur wie Praxissoftware, die elektronische Patientenakte oder digitale Krankenhausakten auch zuverlässig und schnell funktionieren. Ärztinnen und Ärzte müssen Digitalisierung auch als Hilfe im Praxisalltag erfahren. Davon hängt die Akzeptanz der Digitalisierung ab.“
Kritik an Finanzierung und Rahmenbedingungen
Der Bundesverband Gesundheits-IT (BVITG) und der Digitalverband Bitkom kritisieren in einer gemeinsamen Stellungnahme das GDAG. Vor allem der Eingriff in den Wettbewerb und die Bestimmung von Rahmenbedingungen für die Gesundheitsdigitalagentur per Rechtsverordnungen werden beanstandet.
„Eine zentrale Institution zum Betrieb einer Telematikinfrastruktur und zur Sicherstellung der Interoperabilität ist sinnvoll und notwendig. Allerdings stellt sich in einem marktwirtschaftlich ausgerichteten Wirtschaftssystem wie dem unseren schon die Frage: Wo fängt die Regulierungszuständigkeit der zentralen Institution an, und vor allem, wo sollte sie enden? Durch den Gesetzesentwurf findet nicht nur eine Wettbewerbsverzerrung statt. Zusätzlich werden auch marktwirtschaftliche Akteure gehindert, durch Kreativität optimale Lösungen und Mehrwerte für die Nutzenden entwickeln zu können“, erläutert BVITG-Geschäftsführerin Melanie Wendling.
Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder ergänzt: „Angesichts zunehmender Komplexität im Gesundheitswesen brauchen wir eine moderne Digitalagentur für Gesundheit, die Standards festlegt und ihre Einhaltung überwacht. Was wir aber nicht brauchen, ist eine Gematik, die selbst bestimmte Anwendungen entwickelt oder ausschreibt. Digitale Lösungen müssen im Wettbewerb entstehen und entwickelt werden, der Wettbewerb ist der beste Treiber von Innovationen zum Wohle der Patientinnen und Patienten.“
Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, kritisiert den Gesetzentwurf: „Die grundsätzliche Intention des Gesetzgebers, mit dem Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz die Benutzerfreundlichkeit und Leistungsfähigkeit der TI-Anwendungen zu optimieren und insgesamt die Weiterentwicklung der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu beschleunigen, begrüßen wir. Die geplante Verpflichtung der Hersteller etwa, nicht nur die rein technische Integration der TI-Schnittstelle in die Praxisverwaltungssysteme, sondern auch die tatsächliche Nutzbarkeit zu gewährleisten, halten wir für hilfreich. Auch die Möglichkeit, dass die neue Digitalagentur Störungsbeseitigungen bei den Herstellern einfordern und alternativ eigene Maßnahmen zur Störungsbeseitigung ergreifen kann, könnte eine positive Wirkung haben. Der mit diesem Gesetz geplante Umbau der Gematik zur Digitalagentur Gesundheit wirft in der vorgesehenen Form allerdings auch erhebliche finanz- und ordnungspolitische Probleme auf. Für das Erfüllen neuer Aufgaben braucht es bekanntlich Geld – entsprechende Kostensteigerungen sind im bisherigen Gesetzentwurf aber in keiner Weise berücksichtigt. Fest steht: Die – steigenden – Ausgaben der neuen Digitalagentur werden weiterhin zu 93 Prozent von den Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung aufgebracht werden müssen. Und auch zukünftig wird das Bundesgesundheitsministerium mit seinem Gesellschafteranteil von 51 Prozent und einfacher Mehrheitsentscheidung in der Gesellschafterversammlung letztlich über diese Mittel entscheiden können. Die Krankenkassen haben also keinen Einfluss auf einen wirtschaftlichen Einsatz der Gelder der Beitragszahlenden. Angesichts der geplanten Regelung, dass das Bundesgesundheitsministerium zukünftig weitere neue Aufgaben jederzeit per Rechtsverordnung an die Digitalagentur Gesundheit übertragen können soll, verschärft sich diese Problematik noch.“
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