Ziel­pa­ra­me­ter Mobilität

Vom 17. bis 18. Mai stand das Thema „Geriatrie: Zielparameter Mobilität“ auf dem Programm des 11. Dortmunder Symposiums Technische Orthopädie der Bundesfachschule­ für Orthopädie-Technik e.V. (BUFA).

Mehr als 150 Teil­neh­mer aus Ortho­pä­die-Tech­nik, ­Medi­zin, Phy­sio­the­ra­pie und Pfle­ge nah­men das Fort- und Wei­ter­bil­dungs­an­ge­bot in Zusam­men­ar­beit mit Pro­fes­sor Dr. Chris­ti­an Lüring, ­Direk­tor der Ortho­pä­di­schen Kli­nik im Kli­ni­kum Dort­mund, wahr.

Anzei­ge

Selbst­stän­dig­keit dank Trai­ning und Therapie

Im ers­ten The­men­block, der mit der Über­schrift „Stand­ort­be­stim­mung“ eine Ein­füh­rung ins The­ma bot, stell­te die Pfle­ge­wis­sen­schaft­le­rin Prof. Dr. Sabi­ne Küh­nert von der Evan­ge­li­schen Hoch­schu­le RWL die Mehr­di­men­sio­na­li­tät des Alte­rungs­pro­zes­ses und die gro­ße Varia­ti­ons­brei­te dar. Die intrin­si­schen Kapa­zi­tä­ten, Hör­ver­mö­gen, Seh­kraft, Mus­kel­kraft, Ner­ven­leit­fä­hig­keit und Tast­sinn wür­den im zuneh­men­den Alter zwar abneh­men, erfah­rungs­be­zo­ge­ne Fähig­kei­ten und Resi­li­enz jedoch stei­gen. Die Gren­zen zwi­schen phy­sio­lo­gi­schem Altern und krank­haf­tem Pro­zess sei­en flie­ßend. Priv.-Doz. Dr. Hel­mut Frohn­ho­fen vom Alfried Krupp Kran­ken­haus in Essen und Dr. Andreas­ Ger­lach, Chef­arzt der Ger­ia­trie im St.-Marien-Hospital in Lünen, zeig­ten die phy­sio­lo­gi­schen Ver­än­de­run­gen im ­Alters­pro­zess auf. Sie beton­ten, dass ange­pass­tes Trai­ning hel­fe, den Pro­zess zu ver­lang­sa­men. Durch Früh­erken­nen und geziel­te The­ra­pie könn­ten ungüns­ti­ge Fol­gen für die Selbst­stän­dig­keit redu­ziert werden.

Mit Hilfs­mit­teln Stür­ze vermeiden

Prof. Dr. Kili­an Rapp erläu­ter­te aus sei­nem Tätig­keits­be­reich an der Kli­nik für ger­ia­tri­sche Reha­bi­li­ta­ti­on des Robert-Bosch-Kran­ken­hau­ses in Stutt­gart die Gleich­ge­wichts­stö­run­gen und Sturz­pro­ble­ma­tik in der Ger­ia­trie. So stürz­ten ein Drit­tel der Per­so­nen über 65 Jah­ren ein Mal im Jahr, im Pfle­ge­heim sei die Sturz­häu­fig­keit sogar dop­pelt so hoch. Stür­ze wer­den häu­fig mul­tik­au­sal ver­ur­sacht und pas­sie­ren über­wie­gend im Rah­men des Trans­fers. Es bestehe ein gro­ßer Bedarf, vor­han­de­ne Hilfs­mit­tel wei­ter­zu­ent­wi­ckeln, um die Krank­heits­last, die sich aus Stür­zen erge­be, zu reduzieren.

Mehr Selbst­be­stim­mung im Alter

Flo­ri­an Wer­ni­cke vom Zen­trum für zivil­ge­sell­schaft­li­che Ent­wick­lung (ZZE) in Frei­burg, betrach­te­te aus Sicht des Sozi­al­for­schers den Alte­rungs­pro­zess und die Lebensphase­ des Alterns als indi­vi­du­ell form­ba­re Grö­ße und beton­te die Not­wen­dig­keit, gesell­schaft­li­che Rahmenbedingungen­ für ein wür­de­vol­les Altern zu schaf­fen und durch die Gestal­tung sozia­ler Netz­wer­ke bio­gra­phisch beding­te Benach­tei­li­gun­gen Betrof­fe­ner zu mildern.

Ziel aller Maßnahmen­ müs­se es sein, die adap­ti­ven Fähig­kei­ten älte­rer Men­schen für ein selbst­be­stimm­tes Leben zu nut­zen, fasste­ ­­­Dr. Katrin­ Ben­ne­mann, lei­ten­de Ober­ärz­tin der Ger­ia­tri­schen Klinik­ am Kli­ni­kum Dort­mund die rege Diskussion­ zusam­men. Dar­an knüpf­te Catha­ri­na Nie­mand, Fach­dienst für ­Senio­ren der Stadt Dort­mund, aus Sicht der Sozi­al­wis­sen­schaft­le­rin an. Sie erklär­te anhand von Sta­tis­ti­ken, was dar­un­ter zu ver­ste­hen ist, dass der demo­gra­fi­sche Wan­del als Mega­trend unse­rer Zeit ver­stan­den wer­de und wel­che Ver­än­de­run­gen auf die Stadt­ge­sell­schaft zukom­men wer­den. Sie stell­te eta­blier­te Wohn­for­men, wie Wohn­ge­mein­schaf­ten und Ser­vice­woh­nen sowie kom­ple­men­tä­re Ange­bo­te wie ambu­lan­te Pfle­ge und AAL-Lösun­gen mit ihren jewei­li­gen Stär­ken und Schwä­chen vor.

Ute Ken­yon, Inha­be­rin eines Kran­ken- und Senio­ren­pfle­ge­diens­tes in Dort­mund, berich­te­te von den Merk­ma­len ambu­lan­ter Wohn­ge­mein­schaf­ten als Mög­lich­keit, zeitgemäße­ Anfor­de­rungs­pro­fi­le an das Woh­nen indi­vi­du­ell, maß­ge­schnei­dert und stand­ort­ab­hän­gig umzu­set­zen. ­Wolf­gang Grö­ting, Lei­ter des Fraun­ho­fer-inHaus-Zen­trums in Duis­burg gab einen­ Über­blick zu den bereits bestehen­den vielschichtigen­ und ­kom­ple­xen Smart-Home-Tech­no­lo­gien sowie den zu ­erwar­ten­den Künst­li­che-Intel­li­genz-Tech­no­lo­gien zur Unter­stüt­zung eines selbst­be­stimm­ten ­Lebens im Alter.

Lutz Haak von Ortho­pä­die- und Reha-Tech­nik Koenen­ in Geest­land berich­te­te aus sei­ner Erfah­rung im Ver­sor­gungs­all­tag des Sani­täts­hau­ses. Mit der Zusatz­aus­bil­dung zur Fach­kraft für bar­rie­re­frei­es Woh­nen ver­knüpf­te er sein reha­tech­ni­sches Wis­sen über Grund­er­kran­kun­gen und Ver­sor­gungs­mög­lich­kei­ten mit den Anfor­de­run­gen an bau­li­che und innen­ar­chi­tek­to­ni­sche Anfor­de­run­gen der Bar­rie­re­frei­heit. Die­se sei nur im Ver­bund ver­schie­de­ner Gewer­ke mög­lich, das Sani­täts­haus habe jedoch bes­te Vor­aus­set­zun­gen, mit der erfor­der­li­chen Kom­pe­tenz als Dienst­leis­ter Kon­zept­lö­sun­gen anzu­bie­ten, wie er betonte.

Inter­dis­zi­pli­nä­re Zusam­men­ar­beit erforderlich

Dr. Chris­toph Schä­fer, Neu­ro­lo­ge mit dem Schwer­punkt Neu­ro­re­ha­bi­li­ta­ti­on und Chef­arzt der Johan­ni­ter-Kli­nik am Rom­berg­park in Dort­mund ver­deut­lich­te die Plas­ti­zi­tät bio­lo­gi­scher Sys­te­me in allen Lebens­ab­schnit­ten und nahm dies­be­züg­lich kon­kre­ten Bezug auf die Reha­bi­li­ta­ti­on von Schlag­an­fall­pa­ti­en­ten. Wesent­li­cher Ansatz sei hier, die mög­lichst teil­ha­be­ori­en­tier­te Benen­nung von Behand­lungs­zie­len nach dem Modell der Inter­na­tio­na­len Klas­si­fi­ka­ti­on der Funk­ti­ons­fä­hig­keit, Behin­de­rung und Gesund­heit (ICF).

Der altern­de, oft mul­ti­mor­bi­de Pati­ent stand auch im The­men­block „The­ra­pie und Reha­bi­li­ta­ti­on“ im Zen­trum der Betrach­tung. Dr. Wolf Peter Scheit­za, Chef­arzt der Fach­kli­nik für Ortho­pä­die der MediClin Fach­kli­nik Rhein/Ruhr in Essen, zeig­te, wie der mul­ti­mor­bi­de Pati­ent von der inter­dis­zi­pli­nä­ren Zusam­men­ar­beit von Chir­ur­gen, Ortho­pä­den und Alters­me­di­zi­nern pro­fi­tie­re, die dann auch im Anschluss in der Reha­bi­li­ta­ti­ons­ein­rich­tung fort­ge­setzt wer­den müsse.

Prof. Lüring stell­te dar, dass ger­ia­tri­sche ­Pati­en­ten in einer ortho­pä­di­schen Kli­nik auf­grund ihrer Erkran­kungs­struk­tur ins­be­son­de­re bei inter­nis­ti­schen Begleit­erkran­kun­gen, wie Dia­be­tes Mel­li­tus, Herz­er­kran­kun­gen, Tumor­er­kran­kun­gen oder Osteo­po­ro­se beson­ders zu behan­deln sei­en. Auch die bei Gelenk­pa­ti­en­ten übli­che Nach­be­hand­lung kön­ne Ger­ia­tri­ker über­for­dern. Daher sei beim Gelenk­er­satz bei ger­ia­tri­schen Pati­en­ten auch eine indi­vi­du­ell abge­stimm­te, adäqua­te Nach­be­hand­lung in Zusam­men­ar­beit mit einer ger­ia­tri­schen Ein­rich­tung unabdingbar.

Priv.-Doz. Dr. Tho­mas Mei­ners, Chef­arzt des Zen­trums für Rücken­mark­ver­letz­te an der Wer­ner Wicker Kli­nik in Bad Wil­dun­gen ging im Anschluss auf die gesund­heit­li­chen Her­aus­for­de­run­gen der quer­schnitt­ge­lähm­ten ­Pati­en­ten im Alter ein. Neben Deku­bi­tus und Osteo­po­ro­se seien­ Ver­dau­ungs- und Mik­ti­ons­pro­ble­me beson­de­re the­ra­peu­ti­sche Herausforderungen.

Tele­me­di­zin – Medi­zin mit Potenzial

Län­ge­re Selbst­stän­dig­keit durch Tele­me­di­zin war das The­ma von Dr. Ursu­la Stei­nert, Lei­te­rin der Forschungsgruppe­ Alter & Tech­nik an der Cha­ri­té in Ber­lin. Stu­di­en zufol­ge ­ste­hen Befrag­te der Tele­me­di­zin posi­tiv gegen­über, als Nach­tei­le wer­den der hohe tech­ni­sche Auf­wand zur Imple­men­tie­rung einer flä­chen­de­cken­den Infra­struk­tur,­ das Feh­len eines siche­ren Daten­schutz­kon­zep­tes sowie die Angst der Pati­en­ten, dass der per­sön­li­che Kon­takt zwi­schen Arzt und Pati­ent ver­lo­ren gehe, gese­hen. Mit der Locke­rung des Fern­be­hand­lungs­ver­bots im Jahr 2018 im Rah­men des 121. Deut­schen Ärz­te­ta­ges erge­ben sich ­jedoch neue Poten­zia­le räum­lich und zeit­li­che Distan­zen zu über­win­den, was ins­be­son­de­re bei ger­ia­tri­schen und ­mobi­li­täts­ein­ge­schränk­ten Pati­en­ten von Bedeu­tung sei, wie Dr. Stei­nert erklär­te. Die Kom­ple­xi­tät des Krank­heits­bil­des Osteo­po­ro­se und die Her­aus­for­de­run­gen in der The­ra­pie stell­te Prof. Klaus M. Peters, Chef­arzt Ortho­pä­die an der Dr. Becker Rhein-Sieg-Kli­nik in Nürm­brecht dar. Hier sei­en in ers­ter Linie eine früh­zei­ti­ge Dia­gnos­tik und eine geziel­te medi­ka­men­tö­se und funk­tio­nel­le The­ra­pie Stand der Wissenschaft.

Medi­zi­ni­sche Zen­tren für Erwach­se­ne mit Behin­de­rung im Fokus

Am Abschluss des ers­ten Tages stand das The­ma Medi­zi­ni­sche Zen­tren für Erwach­se­ne mit Behin­de­rung (MZEB) auf dem Pro­gramm. Bis zum 18. Lebens­jahr wer­den Men­schen mit geis­ti­ger und/oder schwer Mehr­fach­be­hin­de­rung seit Jahr­zehn­ten in Sozi­al­päd­ia­tri­schen Zen­tren (SPZ) beglei­tet. Anschlie­ßend wer­den Betrof­fe­ne in das Regel­ver­sor­gungs­sys­tem über­führt. Neben der haus- und fach­ärzt­li­chen Betreu­ung gab es laut der BUFA bis­lang kei­ne wei­te­re Ver­sor­gungs­struk­tur, die auf die beson­de­ren Bar­rie­ren im Leben die­ser Men­schen eingeht.

Prof. Dr. Ste­phan Mar­tin vom Dia­ko­ve­re Annastift in Han­no­ver prä­sen­tier­te daher das Kon­zept des MZEB Bru­no-Valen­tin-Insti­tuts des Stif­tes. Er ging als Ärzt­li­cher Lei­ter des Dia­ko­ve­re Annastif­tes und Lan­des­arzt für Kör­per­be­hin­der­te auf die gesetz­li­chen Rege­lun­gen und die Auf­ga­ben­stel­lung ein. Ein­schrän­kun­gen in Kör­per­funk­tio­nen, und ‑struk­tu­ren, in der Akti­vi­tät und in der Teil­ha­be am Leben könn­ten unter ­Berück­sich­ti­gung der viel­schich­ti­gen Beein­träch­ti­gun­gen wie zum Bei­spiel der Mobi­li­tät, Kom­mu­ni­ka­ti­on, Erwerbs­tä­tig­keit oder Selbst­ver­sor­gung in die Behand­lung ein­be­zo­gen wer­den. Prof. Dr. Klaus M. Peters refe­rier­te eben­falls zur The­ra­pie der Betrof­fe­nen in einem 2016 errich­te­ten MZEB.

Ein Kom­pe­tenz­team ver­ord­ne dort indi­vi­du­ell erfor­der­li­che Heil­mit­tel aus Phy­sio­the­ra­pie, Ergo­the­ra­pie und phy­si­ka­li­scher The­ra­pie sowie Schmerz­the­ra­pie, hin­zu­kom­men gezielte­ Hilfs­mit­tel­be­ra­tun­gen. Dies erhal­te die Selbst­stän­dig­keit und Eigen­ver­ant­wor­tung der Betroffenen, 
so der Experte.

Ethik im Blick

Am Sams­tag­mor­gen star­te­te das Pro­gramm mit einem ethi­schen Blick auf Mensch-Tech­nik-Sys­te­me. Sabi­ne Theis vom Insti­tut für Arbeits­wis­sen­schaft an der RWTH ­Aachen prä­sen­tier­te eine Metho­dik, mit der ethi­sche, recht­li­che und sozia­le Impli­ka­tio­nen in die Tech­nik­ent­wick­lung mit ein­be­zo­gen wer­den kön­nen. Sie lud dazu ein, sich aktiv in die Aache­ner „Denk­f­abr­Ethik“ einzubringen.

Ver­sor­gungs­be­rich­te aus der Praxis

Der The­men­block „Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung der unte­ren ­Extre­mi­tät“ begann mit einem Bei­trag von Chris­ti­an Welsch, Ortho­pä­die-Schuh­tech­ni­ker-Meis­ter bei der Fir­ma Schind­ler in Sie­gen, der auf die Anfor­de­run­gen in der indi­vi­du­el­len Fuß- und Schuh­ver­sor­gung anhand von pra­xis­be­zo­ge­nen Fall­bei­spie­len ein­ging. Dar­an knüpf­te Roland Döt­zer,­ Ortho­pä­die-Tech­nik Gieß­ler GmbH, Alb­stadt mit der Orthe­sen­ver­sor­gung bei Knie- und Hüft­schmer­zen an. Er erklär­te, dass der Über­gang zwi­schen kon­fek­tio­nier­ten, maß­kon­fek­tio­nier­ten und indi­vi­du­el­len Ver­sor­gun­gen flie­ßend sei, wobei das Wis­sen um die Mög­lich­kei­ten indi­vi­du­el­ler Ver­sor­gung im The­ra­pie­team zuneh­mend in den Hin­ter­grund trete.

Hier sei­en die Kom­pe­tenz und das Fach­wis­sen der Ortho­pä­die-Tech­nik gefragt. Im Bereich der Pro­the­tik stell­te Andre­as Sam­son, Otto­bock, Duder­stadt die beson­de­ren Bewe­gungs­pro­fi­le und die sich dar­aus ­erge­ben­den Anfor­de­run­gen mode­rat akti­ver Anwen­der vor. Er zeig­te auf, wie die alters­spe­zi­fi­schen Bewe­gungs­ab­läu­fe sowie die Anfor­de­run­gen aus den ange­pass­ten Aktivitäten­ des täg­li­chen Lebens (ADL) kon­struk­tiv im Prothesen­kniepassteil berück­sich­tigt wer­den kön­nen. Adam Bai­er, Endo­li­te Deutsch­land GmbH, Kulm­bach lenk­te in sei­nem Vor­trag den Blick auf die Ent­wick­lung von Prothesenfußpassteilen.

Er leg­te die Bewe­gungs­an­for­de­run­gen im Knö­chel­ge­lenk zwi­schen Sit­zen-Auf­ste­hen-Ste­hen-Gehen dar und ging auf die dar­aus abzu­lei­ten­den Anfor­de­run­gen an ein Pro­the­sen­fuß­pass­teil ein. Kars­ten Mül­ler, Hem­pel ­Gesund­heits­Part­ner GmbH, Ber­lin beton­te, wie kom­plex und anspruchs­voll die Reha­bi­li­ta­ti­on ampu­tier­ter Ger­ia­tri­ker sei. Denn alle Lebens­be­rei­che sei­en von der Ampu­ta­ti­on betrof­fen, sodass gro­ße Sorg­falt erfor­der­lich sei, um eine pro­fes­sio­nel­le, ganz­heit­li­che Reha­bi­li­ta­ti­on zu gewähr­leis­ten. Über Sturz­ri­si­ko und Sturz­pro­phy­la­xe in der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung refe­rier­te Dipl.-Ing. Mer­kur Ali­mus­aj, ­Hei­del­berg anhand von Fall­bei­spie­len aus der Hei­del­ber­ger Uni-Kli­nik. Er beton­te, wie wich­tig es sei, Nega­tiv­erfah­run­gen in der Früh­pha­se zu ver­mei­den und die Pro­prio­zep­ti­on als gleich­be­deu­ten­des Kon­zept wie die Bio­me­cha­nik in die Ver­sor­gungs­pla­nung mit einzubeziehen.

Patri­zia Kraft, Ortho­pä­die-Tech­ni­ker-Meis­te­rin im Sani­täts­haus Emil Kraft in Dort­mund, prä­sen­tier­te im The­men­block „Geh­hil­fen, Rol­la­tor, Roll­stuhl“ aktu­el­le Bei­spie­le aus dem Bereich Geh­stö­cke, Unter­arm­geh­stüt­zen und Rol­la­to­ren. Sie rief bio­me­cha­ni­sche Wirk­prin­zi­pi­en in Erin­ne­rung und ging auf Grün­de ein, die zur Ableh­nung von Geh­stüt­zen füh­ren. Auch bei einem so bekann­ten Hilfs­mit­tel gebe es noch Mög­lich­kei­ten der Wei­ter­ent­wick­lung. Das plötz­lich auf­tre­ten­de Ein­frie­ren von Bewe­gungs­ab­läu­fen bei an Par­kin­son Erkrank­ten stel­le eine gro­ße Ein­schrän­kung für Betrof­fe­ne dar.

Rüdi­ger Neu­mann, Geschäfts­füh­rer der Curt Beu­t­hel Ortho­pä­die­tech­nik in Wup­per­tal, stell­te zwei Neu­ent­wick­lun­gen sei­nes Teams vor – einen Anti-Free­zing-Stock und eine Anti-Free­zing-Step­per-Ein­rich­tung für den Rol­la­tor –, die nach eige­nen Anga­ben den erfor­der­li­chen Reiz set­zen, um eine Blo­cka­de auf­zu­he­ben. Pro­dukt­ma­na­ge­rin Kers­tin Lud­wig, von der Fir­ma Etac refe­rier­te über Vor­tei­le und Gren­zen des Pos­te­ri­or-Wal­kers, der in der Kin­der­re­ha ein fes­tes Ein­satz­ge­biet habe. Auch bei Erwach­se­nen kön­ne das Hilfs­mit­tel zu einer bes­se­ren Kör­per­auf­rich­tung füh­ren, so Ludwig.

Die Sinn­haf­tig­keit der Ver­sor­gung müs­se sich jedoch noch bei den Kos­ten­trä­gern eta­blie­ren. Signe Stein, bera­ten­de Inge­nieu­rin im Archi­tek­tur­bü­ro „frei-raum-pla­nen“, Ber­lin beton­te, dass Bar­rie­re­frei­heit ganz­heit­lich betrach­tet wer­den und kon­kret umge­setzt wer­den müs­se. Dass es ger­ia­trie­spe­zi­fi­sche Roll­stuhl­kon­fi­gu­ra­tio­nen und auch spe­zi­fi­sche Anfor­de­run­gen an die Anpas­sung gebe, mach­te Sven Bur­meis­ter, Geschäfts­füh­rer im Sani­täts­haus Doh­se, Bre­mer­ha­ven deut­lich. Gera­de bei älte­ren Men­schen mit ein­ge­schränk­ter Kraft sei das kor­rek­te Kon­fi­gu­rie­ren und Anpas­sen des Roll­stuhls von beson­de­rer Bedeu­tung. Er erläu­ter­te, dass hier mehr Zeit erfor­der­lich sei, die auch bezahlt wer­den müs­se, um den Betrof­fe­nen die indi­vi­du­el­le Mobi­li­tät und Selbst­stän­dig­keit zu ermög­li­chen, denn so Bur­meis­ter:­ ­„Ger­ia­tri­sche ­Pati­en­ten kön­nen mehr!“. Prof. Dr.-Ing. Rolf-Die­ter Weege, Tech­ni­sche Hoch­schu­le Ost­west­fa­len-Lip­pe,­ betrachtete­ die tech­ni­schen Aus­füh­run­gen von E‑Rollstühlen und Scoo­tern in der Ger­ia­trie­ver­sor­gung in sei­nem Vor­trag und erklär­te, wie wich­tig die­se tech­ni­schen Kennt­nis­se für eine erfolg­ver­spre­chen­de Ver­sor­gung seien.

Pfle­ge bei ger­ia­tri­schen Patienten

Im abschlie­ßen­den The­men­block All­tag und Pfle­ge gab ­Sil­ke Auler, Fach­leh­re­rin an der BUFA, einen Über­blick über ortho­pä­die­tech­ni­sche Ver­sor­gungs­mög­lich­kei­ten bei ­Osteo­po­ro­se. Es wur­de auch hier noch Ent­wick­lungs­be­darf iden­ti­fi­ziert, um die Sym­pto­me der Betrof­fe­nen effek­tiv zu lin­dern. Ste­fan Burg­stal­ler, Pro Sano Sani­täts­haus, Fürs­ten­zell lenk­te den Blick auf die Anfor­de­run­gen bei der Ver­sor­gung von Betrof­fe­nen mit Pfle­ge­bet­ten und Trans­fer­hilfs­mit­teln. Er wies dar­auf hin, dass die In-Augen­schein­nah­me des häus­li­chen Umfel­des wich­tig ist.

Susann Wahr­hau­sen, die einen eige­nen ambu­lan­ten Pfle­ge­dienst in Hol­le lei­tet, refe­rier­te über den viel­fäl­ti­gen Ein­satz von Hilfs­mit­teln in der Pfle­ge. Sie sei­en im Pfle­ge­all­tag nicht mehr weg­zu­den­ken. „Hilfs­mit­tel sind ein Gewinn für Pflegebedürftige­ und Pfle­gen­de zugleich“, so Wahr­hau­sen. Um Inkon­ti­nenz­ver­sor­gung dreh­te sich der Vor­trag von ­Simo­ne Kather, Team­lei­te­rin des Care Teams im Sani­täts­haus Beu­t­hel, Wup­per­tal. Sie zeig­te das Ein­satz­ge­biet mit den jewei­li­gen Vor­tei­len und Ein­schrän­kun­gen auf und mach­te deut­lich, wie wich­tig Fach­wis­sen und Ver­sor­gungs­er­fah­rung sei, um aus der Viel­zahl der am Markt befind­li­chen Pro­duk­te eine indi­vi­du­el­le Ver­sor­gung zu realisieren.

Olaf Kelz, Vor­sit­zen­der des Berufs­bil­dungs­aus­schus­ses im BIV-OT, fand im Anschluss der Ver­an­stal­tung loben­de Wor­te: „Auch mir als erfah­re­ner Ortho­pä­die-Tech­ni­ker hat das Sym­po­si­um mit sei­nem inter­es­san­ten Pro­gramm, guten Dis­kus­si­ons­bei­trä­gen und der ergän­zen­den Indus­trie­aus­stel­lung noch wert­vol­le, aktu­el­le und pra­xis­taug­li­che Infor­ma­tio­nen ver­mit­telt. Hier hat sich der Spruch ‚Man lernt nie aus‘ mal wie­der bestä­tigt. Ich freue mich jetzt schon auf das nächs­te Symposium.“

Das 12. Dort­mun­der Sym­po­si­um Tech­ni­sche Ortho­pä­die am 19. bis 20. Juni 2020 wird unter der Über­schrift „Fuß: Dia­gnos­tik und Ver­sor­gungs­kon­zep­te“ stehen.

von Ste­fan Bier­in­ger, Nor­bert Stockmann

Michael Blatt
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