Nach Orbi­sa­na-Insol­venz: Was bleibt, was kommt?

Am 17. Juli 2024 ordnete das Amtsgericht Augsburg eine vorläufige Insolvenzverwaltung für die Orbisana Healthcare GmbH an, im Oktober folgte dann die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Für die OT gab Geschäftsführer Jörg Riemann Anfang Februar 2025 einen Überblick über den Stand des Verfahrens, erläuterte die Hintergründe der Unternehmensverkäufe und ging auf Kritik von Kunden sowie auf den Umgang mit den Gläubigern ein.

OT: In wel­cher Pha­se befin­det sich das Insolvenz­verfahren aktuell?

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Jörg Rie­mann: Das Insol­venz­ver­fah­ren über das Ver­mö­gen der Orbi­sa­na Health­ca­re GmbH wur­de mit Gerichts­beschluss vom 01. Okto­ber 2024 eröff­net. Der Geschäfts­be­trieb wird in der Insol­venz fort­ge­führt – mit Aus­nah­me des abge­sto­ße­nen Online­shops und der geschlos­se­nen Sani­täts­häu­ser. Der­zeit befin­det sich der Insol­venz­ver­wal­ter in fina­len Ver­hand­lun­gen über die Über­tra­gung des Unter­neh­mens an einen Investor.

OT: Auf der Web­site von Orbi­sa­na heißt es: „Zum 31.12.2024 wur­den Tei­le des Geschäfts­be­rei­ches ‚E‑Commerce‘ der Orbi­sa­na Health­ca­re GmbH erfolg­reich an die Fir­ma Euro­tops Ver­sand GmbH über­tra­gen.“ Was genau bedeu­tet das? Hat der Insol­venz­ver­wal­ter den Teil als Ver­mö­gens­ge­gen­stand ver­kauft oder wur­de der ­Geschäfts­be­reich erst spä­ter abgespalten?

Rie­mann: Der Insol­venz­ver­wal­ter hat Waren­be­stän­de sowie immate­rielle Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de, die dem Geschäfts­be­reich E‑Commerce zuzu­ord­nen sind, an Euro­tops veräußert.

OT: War­um glau­ben Sie, in Euro­tops Ver­sand die pas­sen­de Fir­ma gefun­den zu haben?

Rie­mann: Der Inves­to­ren­pro­zess hat gezeigt, dass eine Trans­ak­ti­on des Unter­neh­mens im Gan­zen nicht dar­stell­bar ist. Auch des­halb wur­den die ein­zel­nen Geschäfts­be­rei­che jeweils geson­dert behan­delt. Für die eCom­mer­ce-Spar­te wur­de mit Euro­tops ein Unter­neh­men aus dem rele­van­ten Ziel­markt gefun­den, das sei­ner­seits bereits meh­re­re Gesund­heits­por­ta­le betreibt und über die Erfah­rung und den Markt­zu­gang ver­fügt, um die frü­he­ren Orbi­sa­na-­Kun­den mit den erwar­te­ten Waren und Dienst­leis­tun­gen zu versorgen.

OT: Nach der Los­lö­sung von Welt­bild im August 2024 stan­den die Zei­chen auf Neu­an­fang. Sie for­mu­lier­ten als Ziel, „Orbi­sa­na als Gan­zes zu erhal­ten und erfolg­reich in die Zukunft zu füh­ren“. Wird Orbi­sa­na nun doch ­kom­plett auf­ge­löst oder besteht eine Chan­ce, das Unter­neh­men zu erhalten?

Rie­mann: Es ist vor­ge­se­hen, das Kern­ge­schäft, das etwa 70 Pro­zent des bis­he­ri­gen Volu­mens umfasst, ohne die Sani­täts­häu­ser und den Online­shop kurz­fris­tig auf einen Inves­tor zu übertragen.

OT: War­um konn­ten letzt­lich kei­ne Inves­to­ren gefun­den wer­den, damit das Unter­neh­men als Gan­zes erhal­ten bleibt?

Rie­mann: Es gab meh­re­re Erwerbs­in­ter­es­sen­ten. Letzt­lich hat der Insol­venz­ver­wal­ter mit den erfolg­ver­spre­chends­ten Inter­es­sen­ten Ver­hand­lun­gen geführt, die­sen im Rah­men des struk­tu­rier­ten Inves­to­ren­pro­zes­ses Ein­blick in das Unter­neh­men Orbi­sa­na gewährt, und die Ver­trags­ver­hand­lun­gen auf­ge­nom­men, die nun­mehr abge­schlos­sen wer­den sollen.

OT: Auf Online-Platt­for­men wie Trustedshops.de äußern vie­le Kun­den ihren Unmut dar­über, dass sie bezahl­te Ware nicht erhal­ten haben. Wie erklä­ren Sie sich die­se Situa­ti­on, und gibt es Plä­ne, wie Sie mit den offe­nen Kun­den­for­de­run­gen umgehen?

Rie­mann: Das deut­sche Insol­venz­recht stellt alle Insol­venz­gläu­bi­ger gleich, egal ob es sich um Finanz­be­hör­den, Lie­fe­ran­ten, Ban­ken oder Inter­net-Shop­kun­den han­delt. Kun­den, die Waren bestellt und vor Ver­fah­rens­er­öff­nung vor­aus­be­zahlt haben, kön­nen ihre For­de­rung zur Insol­venz­ta­bel­le anmel­den. Soweit Zah­lun­gen nach Eröff­nung geleis­tet wur­den, die aus dem Waren­be­stand nicht mehr erfüllt wer­den konn­ten, wird die Zah­lung zurück­ge­währt. Auf­grund des gro­ßen Umfangs an Vor­gän­gen dau­er­te dies eini­ge Zeit, ist aber nun­mehr abgeschlossen.

OT: Vie­le der Beschwer­den bezie­hen sich auch auf ­man­geln­de Kom­mu­ni­ka­ti­on und feh­len­de Ant­wor­ten auf Anfra­gen. War­um konn­te Orbi­sa­na in der kri­ti­schen Pha­se kei­ne aus­rei­chen­de Kom­mu­ni­ka­ti­on sicherstellen?

Rie­mann: Der gro­ße Umfang ein­ge­hen­der Anfra­gen wur­de best­möglich bewäl­tigt. Die Nicht­be­ant­wor­tung ein­zel­ner Fra­gen bedau­ern wir sehr.

OT: An wen kön­nen sich Kun­den wen­den, die Ware bezahlt, aber nicht erhal­ten haben?

Rie­mann: Soweit es sich um Insol­venz­for­de­run­gen han­delt, kön­nen die­se beim Insol­venz­ver­wal­ter zur Insol­venz­ta­bel­le ange­mel­det wer­den. Alle Geschäfts­vor­fäl­le nach Insolvenz­eröffnung sind nach unse­rem Kennt­nis­stand zwi­schen­zeit­lich abgearbeitet.

OT: In wel­cher Rei­hen­fol­ge wer­den die ver­schie­de­nen Gläu­bi­ger wie Lie­fe­ran­ten, Ban­ken und Kun­den im Ver­fah­ren berücksichtigt?

Rie­mann: Das rich­tet sich nach der Insol­venz­ord­nung. Im Grund­satz gilt, dass alle Insol­venz­gläu­bi­ger, die berech­tig­te For­de­run­gen zur Insol­venz­ta­bel­le ange­mel­det haben, gleich zu behan­deln sind. Sie erhal­ten bei einer Aus­schüt­tung die glei­che Quotenzahlung.

OT: Wie möch­ten Sie das Ver­trau­en der ent­täusch­ten Kun­den zurück­ge­win­nen? Gibt es kon­kre­te Maß­nah­men, um den Kun­den zu signa­li­sie­ren, dass sich die Situa­ti­on bei Euro­tops Ver­sand nicht wie­der­ho­len wird?

Rie­mann: Aus­sa­gen zur künf­ti­gen Geschäfts­tä­tig­keit von Euro­tops kön­nen wir nicht tref­fen. Orbi­sa­na betreibt kei­nen Online­shop mehr.

Die Fra­gen stell­te Pia Engelbrecht.

Am 21. Febru­ar 2025 gab Orbi­sa­na bekannt, dass die Andre­as Fahl Medi­zin­tech­nik-Ver­trieb GmbH die Über­nahme der Geschäfts­an­tei­le plant.

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