OT: In welcher Phase befindet sich das Insolvenzverfahren aktuell?
Jörg Riemann: Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Orbisana Healthcare GmbH wurde mit Gerichtsbeschluss vom 01. Oktober 2024 eröffnet. Der Geschäftsbetrieb wird in der Insolvenz fortgeführt – mit Ausnahme des abgestoßenen Onlineshops und der geschlossenen Sanitätshäuser. Derzeit befindet sich der Insolvenzverwalter in finalen Verhandlungen über die Übertragung des Unternehmens an einen Investor.
OT: Auf der Website von Orbisana heißt es: „Zum 31.12.2024 wurden Teile des Geschäftsbereiches ‚E‑Commerce‘ der Orbisana Healthcare GmbH erfolgreich an die Firma Eurotops Versand GmbH übertragen.“ Was genau bedeutet das? Hat der Insolvenzverwalter den Teil als Vermögensgegenstand verkauft oder wurde der Geschäftsbereich erst später abgespalten?
Riemann: Der Insolvenzverwalter hat Warenbestände sowie immaterielle Vermögensgegenstände, die dem Geschäftsbereich E‑Commerce zuzuordnen sind, an Eurotops veräußert.
OT: Warum glauben Sie, in Eurotops Versand die passende Firma gefunden zu haben?
Riemann: Der Investorenprozess hat gezeigt, dass eine Transaktion des Unternehmens im Ganzen nicht darstellbar ist. Auch deshalb wurden die einzelnen Geschäftsbereiche jeweils gesondert behandelt. Für die eCommerce-Sparte wurde mit Eurotops ein Unternehmen aus dem relevanten Zielmarkt gefunden, das seinerseits bereits mehrere Gesundheitsportale betreibt und über die Erfahrung und den Marktzugang verfügt, um die früheren Orbisana-Kunden mit den erwarteten Waren und Dienstleistungen zu versorgen.
OT: Nach der Loslösung von Weltbild im August 2024 standen die Zeichen auf Neuanfang. Sie formulierten als Ziel, „Orbisana als Ganzes zu erhalten und erfolgreich in die Zukunft zu führen“. Wird Orbisana nun doch komplett aufgelöst oder besteht eine Chance, das Unternehmen zu erhalten?
Riemann: Es ist vorgesehen, das Kerngeschäft, das etwa 70 Prozent des bisherigen Volumens umfasst, ohne die Sanitätshäuser und den Onlineshop kurzfristig auf einen Investor zu übertragen.
OT: Warum konnten letztlich keine Investoren gefunden werden, damit das Unternehmen als Ganzes erhalten bleibt?
Riemann: Es gab mehrere Erwerbsinteressenten. Letztlich hat der Insolvenzverwalter mit den erfolgversprechendsten Interessenten Verhandlungen geführt, diesen im Rahmen des strukturierten Investorenprozesses Einblick in das Unternehmen Orbisana gewährt, und die Vertragsverhandlungen aufgenommen, die nunmehr abgeschlossen werden sollen.
OT: Auf Online-Plattformen wie Trustedshops.de äußern viele Kunden ihren Unmut darüber, dass sie bezahlte Ware nicht erhalten haben. Wie erklären Sie sich diese Situation, und gibt es Pläne, wie Sie mit den offenen Kundenforderungen umgehen?
Riemann: Das deutsche Insolvenzrecht stellt alle Insolvenzgläubiger gleich, egal ob es sich um Finanzbehörden, Lieferanten, Banken oder Internet-Shopkunden handelt. Kunden, die Waren bestellt und vor Verfahrenseröffnung vorausbezahlt haben, können ihre Forderung zur Insolvenztabelle anmelden. Soweit Zahlungen nach Eröffnung geleistet wurden, die aus dem Warenbestand nicht mehr erfüllt werden konnten, wird die Zahlung zurückgewährt. Aufgrund des großen Umfangs an Vorgängen dauerte dies einige Zeit, ist aber nunmehr abgeschlossen.
OT: Viele der Beschwerden beziehen sich auch auf mangelnde Kommunikation und fehlende Antworten auf Anfragen. Warum konnte Orbisana in der kritischen Phase keine ausreichende Kommunikation sicherstellen?
Riemann: Der große Umfang eingehender Anfragen wurde bestmöglich bewältigt. Die Nichtbeantwortung einzelner Fragen bedauern wir sehr.
OT: An wen können sich Kunden wenden, die Ware bezahlt, aber nicht erhalten haben?
Riemann: Soweit es sich um Insolvenzforderungen handelt, können diese beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Alle Geschäftsvorfälle nach Insolvenzeröffnung sind nach unserem Kenntnisstand zwischenzeitlich abgearbeitet.
OT: In welcher Reihenfolge werden die verschiedenen Gläubiger wie Lieferanten, Banken und Kunden im Verfahren berücksichtigt?
Riemann: Das richtet sich nach der Insolvenzordnung. Im Grundsatz gilt, dass alle Insolvenzgläubiger, die berechtigte Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet haben, gleich zu behandeln sind. Sie erhalten bei einer Ausschüttung die gleiche Quotenzahlung.
OT: Wie möchten Sie das Vertrauen der enttäuschten Kunden zurückgewinnen? Gibt es konkrete Maßnahmen, um den Kunden zu signalisieren, dass sich die Situation bei Eurotops Versand nicht wiederholen wird?
Riemann: Aussagen zur künftigen Geschäftstätigkeit von Eurotops können wir nicht treffen. Orbisana betreibt keinen Onlineshop mehr.
Die Fragen stellte Pia Engelbrecht.
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