Kongresspräsidentin Dr. Doris Maier (BG Unfallklinik Murnau) ist an der Organisation des Formats beteiligt und verrät im Gespräch mit der OT-Redaktion, was eines ihrer größten Desaster war und auch, was sie daraus gelernt hat.
Best-Practice-Beispiele sind ein beliebtes Format, wenn es darum geht, Kolleginnen und Kollegen an erfolgreichen Versorgungen teilhaben zu lassen. Warum ist es ebenso wichtig, auf die Fälle zu schauen, die nicht nach Plan verliefen?
Doris Maier: Natürlich ist „Best Practice“, wie wir sie aus den Leitlinien kennen, die Basis einer qualitativ hochstehenden Behandlung in der Medizin, wozu auch die orthopädietechnische Versorgung gehört. Durch die Analyse von Fällen, in denen eine Versorgung nicht erfolgreich war oder sogar richtig schiefgelaufen ist, ergibt sich jedoch eine große Chance für das interdisziplinäre Team, Fehlerquellen oder fehlerhafte Ansätze zu erkennen und ähnliche Verläufe künftig zu vermeiden. Wie etwas richtig ist, ist immer leicht dargestellt, der Weg zum richtigen Ergebnis jedoch häufig durch die unterschiedlichen Patientenkonstellationen gar nicht so einfach. Typische Fehlerquellen oder aber auch seltene Konstellationen, die zu Fehlern führen, werden in den Leitlinien selten aufgeführt und diskutiert. Der interdisziplinäre Austausch über Fehler birgt unglaubliche Chancen, um zu lernen, Fehlerquellen aufzudecken und damit nicht nur die Versorgungsqualität, sondern auch die Patientensicherheit zu verbessern. Bei der Desasterkonferenz geht es also nicht um Kritik, sondern um die interdisziplinäre Diskussion über Fehlermöglichkeiten, die den Erfahrungsschatz aller an der Versorgung und Behandlung von Patienten Beteiligten massiv verbessert.
Über unerwartete oder herausfordernde Fälle offen zu sprechen, erfordert mitunter Mut. Welchen Tipp möchten Sie potenziellen Einreichern mit auf den Weg geben?
Niemand ist ohne Fehler, und jeder Arzt, Techniker und Therapeut wird sich selbst eingestehen, dass er aus seinen Fehlern am besten gelernt hat. Das, was einmal schiefgelaufen ist, bleibt einem meist tief in Erinnerung. Je mehr Erfahrung jemand hat, auf umso mehr Versorgungsversager und deren Lösungen wird dieser zurückblicken können. Das macht Expertise aus. Wie ich bereits sagte, geht es nicht um Kritik, sondern um die Analyse und Diskussion von Fehlerquellen und das Aufzeigen von Lösungsansätzen. Ich komme aus der Chirurgie und erinnere mich viel positiver und nachdrücklicher an die Lehrerinnen und Lehrer, die mir sagten, „wenn du das jetzt so entscheidest, kann dir genau das passieren, was mir einmal passiert ist, nämlich …“ Diese gemeinsame Arbeit an Fehlern schafft Vertrauen und bleibt einem tief verhaftet. Die Einreicher sind also keine Versager, sondern nachhaltige Lehrerinnen und Lehrer, denen man größten Respekt entgegenbringt.
Gibt es ein „Desaster“ aus Ihrer beruflichen Laufbahn, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist und aus dem Sie viel gelernt haben?
Ja, natürlich. Ich erinnere mich an eines ganz besonders. Das war die Entfernung eines Fersensporns bei einer Patientin mit einer Häufung von schwierigen Konstellationen. Ich war damals eine ganz junge „Anfängerin“ und hatte große Probleme bei dieser Operation. Eigentlich war ich den ganzen Verlauf über nicht sicher, ob ich den Sporn richtig detektiert und letztendlich dann auch entfernt hatte. Im OP-Verlauf kam alles Mögliche zusammen, was letztendlich zum schlechten Ausgang führte. Die postoperative konventionelle Röntgenaufnahme zeigte dann: Der Sporn war nach meinem Eingriff immer noch da! Für mich eine Katastrophe, ein Desaster. Ich hatte damals einen wirklich tollen Chef, der beim Anblick des Röntgenbildes sagte: „Gut war das jetzt nicht, aber ist mir auch schon passiert, und ich zeige Ihnen jetzt, wie es hätte besser laufen können!“ Ich werde diesen Fall, der nun schon 30 Jahre zurückliegt, nie vergessen, habe das schon so oft immer wieder erzählt und ganz viel daraus gelernt, auch, was einen guten Lehrer und Chef ausmacht!
Die Fragen stellte Pia Engelbrecht.
Vorschläge für die Desasterkonferenz aus den Bereichen Technik, Medizin und Therapie nimmt das Programmkomitee noch bis zum 30. August 2025 unter congress@ot-world.com entgegen.
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