Euro­com sieht Ver­sor­gungs­si­cher­heit gefährdet

Mit Blick auf die explodierenden Kostensteigerungen in der Hilfsmittelbranche hat die Herstellervereinigung für Kompressionstherapie, orthopädische Hilfsmittel und digitale Gesundheitsanwendungen Eurocom ein Positionspapier unter dem Titel „Mittelstand schützen, Versorgung sichern“ veröffentlicht.

„Wol­len wir in Deutsch­land wei­ter­hin eine den indi­vi­du­el­len Pati­en­ten­be­dürf­nis­sen ent­spre­chen­de medi­zi­nisch sach­ge­rech­te und qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung ermög­li­chen, muss jetzt gehan­delt wer­den“, betont Euro­com-Geschäfts­füh­re­rin Oda Hage­mei­er. „Die der­zeit mas­si­ven und umfas­sen­den Kos­ten­stei­ge­run­gen gefähr­den den Mit­tel­stand, vor allem aber die Ver­sor­gungs­si­cher­heit mit medi­zi­ni­schen Hilfs­mit­teln, auf die Mil­lio­nen Men­schen in Deutsch­land ange­wie­sen sind. Um dies zu ver­hin­dern, ste­hen Gesetz­ge­ber und Kran­ken­kas­sen in beson­de­rer Ver­ant­wor­tung, damit Hilfs­mit­tel dem Gesund­heits­markt und schluss­end­lich dem Pati­en­ten kos­ten­de­ckend zur Ver­fü­gung gestellt wer­den können.“

In Fol­ge der mas­si­ven Kos­ten­stei­ge­run­gen wächst laut Euro­com die Gefahr, dass die Pro­duk­ti­on von Hilfs­mit­teln nicht mehr wirt­schaft­lich ist. Das bestä­ti­gen 100 Pro­zent der Mit­glie­der bei der Mit­glie­der­be­fra­gung 2022. Zudem befürch­ten dem­nach 31 Pro­zent der Unter­neh­men, dass es zu Eng­päs­sen in der Ver­sor­gung kom­men wird.

Grund für die wirt­schaft­lich ange­spann­te Lage sei nicht nur die Infla­ti­on mit ihren nach­ge­la­ger­ten Effek­ten, ins­be­son­de­re den gestie­ge­nen Ener­gie­prei­sen. Auch gestör­te Lie­fer­ket­ten wür­den die Bran­che unter Druck set­zen. Die­se sei­en bereits durch die Coro­na-Pan­de­mie belas­tet und durch den Ukrai­ne-Krieg zusätz­lich gestört wor­den. Die Fol­ge: wei­te­re Kos­ten­stei­ge­run­gen bei Roh­stof­fen, Logis­tik und Trans­port. Mit der EU-Medi­zin­pro­duk­te-Ver­ord­nung Medi­cal Device Regu­la­ti­on (MDR) sei­en zudem die regu­la­to­ri­schen Anfor­de­run­gen an das Inver­kehr­brin­gen von medi­zi­ni­schen Hilfs­mit­teln stark gestie­gen, ver­bun­den mit erhöh­ten Pro­duk­ti­ons- und Ver­wal­tungs­kos­ten. Laut Euro­com-Mit­glie­der­be­fra­gung ist die MDR für 92,3 Pro­zent der größ­te regu­la­to­ri­sche Kos­ten­trei­ber. Zusätz­lich ver­schär­fe sich die Lage durch den Fach- und Arbeits­kräf­te­man­gel. Wäh­rend die Nach­fra­ge nach Per­so­nal stei­ge, wür­den auch gleich­zei­tig die Aus­bil­dungs­an­for­de­run­gen zuneh­men. Das zie­he erheb­li­che Per­so­nal­kos­ten­stei­ge­run­gen nach sich. Ins­be­son­de­re für klei­ne und mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men (KMU) füh­re der Wett­be­werb um Per­so­nal zu Eng­päs­sen, die wie­der­um die Pro­duk­ti­ons- und Inno­va­ti­ons­pro­zes­se erheb­lich ver­lang­sa­men oder zum Still­stand bringen.

Um wei­ter­hin eine indi­vi­du­el­le, medi­zi­nisch sach­ge­rech­te und qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung zu gewähr­leis­ten, sieht die Her­stel­ler­ver­ei­ni­gung ins­be­son­de­re die Kran­ken­kas­sen und den Gesetz­ge­ber in der Pflicht. Wäh­rend Prei­se in ande­ren Bran­chen kurz­fris­tig erhöht wer­den könn­ten, sei die­se Fle­xi­bi­li­tät in der Hilfs­mit­tel­bran­che auf­grund der kom­ple­xen Ver­trags­struk­tu­ren zur Ver­sor­gung von GKV-Patient:innen im Rah­men des Sach­leis­tungs­prin­zips stark ein­ge­schränkt. 83 Pro­zent der Euro­com-Mit­glie­der geben an, die reel­len Kos­ten­stei­ge­run­gen gar nicht oder nur teil­wei­se an den Markt bzw. an die Leis­tungs­er­brin­ger wei­ter­ge­ben zu kön­nen. Der Grund: Ver­gü­tungs­ver­ein­ba­run­gen zwi­schen gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen und Leis­tungs­er­brin­gern sind in der Regel über meh­re­re Jah­re fest ver­ein­bart. Für sie gibt es kei­ne auto­ma­ti­schen Preis­stei­ge­run­gen in beson­de­ren Aus­nah­me­si­tua­tio­nen. „Somit liegt es in der aktu­el­len Situa­ti­on in ers­ter Linie in der Hand der Kran­ken­kas­sen, Risi­ken von Ver­sor­gungs­eng­päs­sen und Qua­li­täts­ein­bu­ßen in der Ver­sor­gung der Ver­si­cher­ten zu ver­hin­dern, indem sie Fest­be­trä­ge und Ver­trags­prei­se im Hilfs­mit­tel­be­reich um min­des­tens den jähr­li­chen Infla­ti­ons­aus­gleich anpas­sen“, heißt es in dem Positionspapier.

Laut Euro­com sind zudem gesetz­ge­be­ri­sche Inter­ven­tio­nen not­wen­dig, die sicher­stel­len, dass die KMU benö­tig­te Roh­stof­fe und aus­rei­chend Ener­gie bezie­hen und vor allem, dass sie ihre Pro­duk­te kos­ten­de­ckend dem Gesund­heits­markt zur Ver­fü­gung stel­len kön­nen. „Denn wer die wie im Koali­ti­ons­ver­trag fest­ge­schrie­be­ne ‚High-Medi­zin­tech­nik made in Ger­ma­ny‘ will, der muss in Kri­sen­zei­ten die Rah­men­be­din­gun­gen ent­spre­chend anpas­sen und die ver­ant­wort­li­chen Akteu­re zum Han­deln auf­for­dern“, betont Hagemeier.

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